Respekt für Grenzen – Null Toleranz bei sexueller Belästigung, Mobbing und weiteren Diskriminierungsformen
Wiener Stadtwerke-Gruppe
Kurzbeschreibung der Initiative
Für sexuelle Belästigung, Mobbing und andere Arten von Diskriminierung gibt es in der Wiener Stadtwerke-Gruppe Null Toleranz! Wir arbeiten gleichgestellt zusammen und achten die Grenzen unserer Kolleg*innen in allen Bereichen des Arbeitslebens. Am 16. November 2023 - dem Tag der Toleranz - startete die interne Wiener Stadtwerke-Kampagne "Respekt für Grenzen" mit einem neuen konzernweit einheitlichen Prozess und einer breiten kommunikativen Sensibilisierungs-Kampagne.
Betroffene Personen erhalten seither einfach und schnell die nötige Unterstützung von einer Vertrauensperson ihrer Wahl. Diese ist zur Verschwiegenheit verpflichtet und kann auch bei der Einleitung eines formellen Beschwerdeprozesses unterstützen. Über ausgewiesene Ansprechpersonen der Beschwerdestelle können Betroffene einen formellen, standardisierten Prozess zur Klärung der belastenden Situation einleiten. Zur Qualitätssicherung wurde für die Vertrauenspersonen und Ansprechpersonen der Beschwerdestelle ein Grundlagentraining, ein Gesprächsführungstraining sowie eine laufende fachliche Supervision (einmal pro Quartal) implementiert. Bedarfsabhängig werden laufend weitere Qualifizierungsmaßnahmen entwickelt.
Die Sensibilisierungs-Kampagne beinhaltet die Themen sexuelle Belästigung, Mobbing und Diskriminierung, die schwerpunktmäßig jeweils für 3 Monate bis November 2024 unter dem durchgängigen Titel "Null Toleranz bei ..." bearbeitet werden. Vermittelt wird das Thema über eine zentrale und umfassende Intranetplattform mit allen relevanten Informationen, Plakatserien, Freecards, Newsletter, Beiträgen im Intranet sowie in der Mitarbeiter*innen-Zeitung (rund 25.000 Empfänger*innen), niederschwellige Erklärfilme und weiterführende konzernunternehmensspezifische Formate. Eine Grundsatzerklärung sowie Checkliste für Führungskräfte unterstützen die inhaltliche Verankerung der Themen.
Die Verankerung des Themas im Onboarding-Prozess, in ausgewählten Führungskräfteprogrammen und durch ein (zukünftiges) integriertes Fallmonitoring über die gesamte Gruppe hinweg samt regelmäßiger Reportings an die Entscheidungsträger*innen sowie die Einbettung in das Risikomanagement sichern die nachhaltige Implementierung und Weiterentwicklung.
Seit wann gibt es die Initiative:
3 bis 12 Monate
Welche DEI-Dimensionen werden abgedeckt:
Age (Alter), Disability (physische oder psychische Behinderung), Ethnicity (ethnische Zugehörigkeit), Gender (Geschlecht), Religion und Weltanschauung, Pflege- und Betreuungspflichten
Welche Zielsetzung verfolgt die Initiative und was macht sie aus Ihrer Perspektive besonders innovativ?
Die Initiative verfolgt drei Hauptzielsetzungen:
1. Sexuelle Belästigung, Mobbing und weitere Diskriminierungsformen sind in der Wiener Stadtwerke-Gruppe als „Null Toleranz-Themen“ verankert.
2. Die Unterstützungsformen (u.a. Informationen, Prozesse, Ansprechpersonen) für Betroffene in der Arbeitswelt sind niederschwellig, klar, einfach, hilfreich und wirksam.
3. Ressourcenschonendes Arbeiten der Vertrauens- und Ansprechpersonen wird durch die Zusammenführung der Themen und Prozesse ermöglicht.
Als positive Begleitwirkung ist die direkte Relevanz mit Blick auf die European Sustainability Reporting Standards anzuführen, die Unternehmen dazu verpflichten, offenzulegen, welche Konzepte und Prozesse für die Vermeidung und den Umgang mit Fällen von Diskriminierung im Unternehmen vorhanden sind und wie viele Fälle vorliegen.
Besonders innovativ macht die Initiative ihr integrierter Ansatz, infolgedessen die Themen (sexuelle) Belästigung, Mobbing und diverse Diskriminierungsformen mit einer klaren und gleichwertigen Null Toleranz-Haltung versehen und einheitliche Prozesse und Unterstützungsstrukturen über alle Unternehmen der Wiener Stadtwerke-Gruppe hinweg geschaffen werden. Somit soll die "User Experience" für alle Mitarbeiter*innen gleich sein.
Eine zentrale Neuerung ist zudem die Schaffung der Rolle der Vertrauensperson, die nicht der Arbeitgeberin zugeordnet sind und einen eigenen Prozess-Strang hat, über den betroffene Personen in diesen schwierigen Situationen unverbindlich und niederschwellig Hilfe und Orientierung erhalten und auch erste Interventionsschritte erarbeiten können. Damit wird vermieden, dass sich Betroffene mangels Alternativen sofort an Anlaufstellen (Führungskraft, Compliance, ...) wenden, die der Arbeitgeberin zuzurechnen sind und somit laut Gleichbehandlungsgesetz ihrer gesetzlichen Fürsorgepflicht nachkommen, Sachverhalte aufklären und Abhilfemaßnahmen setzen müssen - ob die betroffenen Personen das wollen oder nicht. Zusätzlich zu internen Wegen steht Betroffenen eine externe arbeitspsychologische Beratungsstelle als Vertrauensperson zur Verfügung.
Welche KPIs werden zur Erfolgsmessung eingesetzt?
Die Anzahl der Vorfälle wird gemessen. Dabei wurde auch dem Top-Management klar kommuniziert, dass ein Anstieg der Fallzahlen als Erfolg der Kampagne zu verstehen ist, da ein Indiz dafür, dass das Bewusstsein gesteigert wurde und sich mehr Mitarbeiter*innen über die geschaffenen Kanäle schwierige Situation anzusprechen trauen.
Die konsolidierte Erfassung der Fälle über alle Unternehmen der Gruppe hinweg ist neu und für das 1. Halbjahr 2024 zum ersten Mal erfolgt. Daher gibt es noch keine Vergleichswerte. Jedoch berichten die Vertrauenspersonen und Ansprechpersonen von erhöhter Nachfrage.
Das Monitoring unterscheidet dabei zwischen sexueller Belästigung (verbal/taktil/visuell), Diskriminierung (Alter, sexuelle Orientierung, Geschlecht/Geschlechtsidentität, Elternschaft/Betreuungs- oder Pflegepflichten, ethnische Herkunft/Rassismus, Religion/Weltanschauung, Behinderungen), Mobbing, sonstigen Themen, dem Vertragsverhältnis (Beamt*innen, Vertragsbedienstete, Kollektivvertrag), dem Hierarchieverhältnis (zwischen MA, zwischen FK und MA, zwischen FK) und dem Status der Bearbeitung (in Bearbeitung, erfolgreich abgeschlossen, abgebrochen, Weiterleitung an interne Stellen, Weiterleitung an externe Stellen). Auch die Zufriedenheit mit dem Prozess wurde im ersten Halbjahr abgefragt. Diese Ersterhebung ist mittels Excel erfolgt. Zukünftig wird das Monitoring über eine Tool-Lösung erfolgen - diese befindet sich gerade in Arbeit.
Bisherige Learnings und Erfolge?
Über den gesamten Implementierungsprozess hinweg wurden bewusst Retros und Feedbackschleifen vorgesehen, um Learnings und Weiterentwicklungspotenziale sichtbar zu machen.
Als Erfolg zu werten ist jedenfalls die gesteigerte Sichtbarkeit und das erhöhte Bewusstsein für die Themen infolge der Kampagne. Die unterschiedlichen Kommunikationsformate haben viel Resonanz aus der Belegschaft bekommen. Insbesondere das spezifische e-Learning zu Null Toleranz für sexuelle Belästigung, das verpflichtend von allen Beschäftigten zu absolvieren war, hat viel positives Feedback erhalten.
Die nachhaltige Verankerung unserer Null Toleranz-Haltung und -Architektur im Rahmen des Onboardings, der Führungskräfteprogramme, des Risikomanagements und Reporting-Strukturen ist ebenfalls ein großer Erfolg. Ebenso ist die Vereinheitlichung der Prozesse und Strukturen über alle 12 Konzernunternehmen der Wiener Stadtwerke-Gruppe hinweg und das Schaffen einer gemeinsamen "User-Experience" gerade in einem so heterogenen Mischkonzern eine nicht zu unterschätzende Leistung. Entsprechende Unterstützungsmaterialien wie Checklisten, ein detailliertes Prozesshandbuch, das betraute Personen Schritt für Schritt durch die formalen Prozesse leitet sowie Tipps und weitere Hilfestellungen im Intranet helfen insbesondere Führungskräften bei der korrekten Umsetzung unserer Null Toleranz-Architektur.
Die laufende Supervision für die Vertrauenspersonen und Ansprechpersonen sowie bedarfsabhängigen Qualifizierungsmaßnahmen stoßen auf viel positiven Zuspruch in der Community.
Auch einige Learnings konnten bereits abgeleitet werden und befinden sich in Erarbeitung/Umsetzung:
o) Ergänzung des Prozesses um eine maximal zulässige zeitliche Dauer für die einzelnen Prozessschritte, um mehr Verbindlichkeit in den Prozess zu bringen und Verfristung zu vermeiden.
o) Aufbau einer einheitlichen Dokumentationslogik und eines gruppenweiten Fallmonitorings.
o) Ausbau Anzahl Vertrauenspersonen und Ansprechpersonen in Funktion der Beschwerdestelle, um durchgängige strukturelle Verankerung und niederschwellige Zugänglichkeit des Angebots sicherzustellen.
Wie lässt sich die Initiative auf andere Organisationen übertragen?
Gut
Wie wird die Initiative aus dem Management unterstützt?
Die Gesamtinitiative wird von der Konzerngeschäftsführung von Beginn an unterstützt und auch mit einem klaren top-down Bekenntnis zu Null Toleranz untermauert. Die drei Schwerpunktthemen sexuelle Belästigung, Mobbing und weitere Diskriminierungsformen wurden jeweils von einer Person aus der Dreier-Geschäftsführung "gesponsort" und mit klaren Statements via Intranet und Mitarbeiter*innen-Zeitung unterstützt. Zukünftig ist ein regelmäßiges Reporting der Kennzahlen an das Top-Management vorgesehen, um die Themen nachhaltig auf der Top-Management-Agenda zu halten.
Unternehmen:
Wiener Stadtwerke-Gruppe
Branche:
Energie, Mobilität, Industrie
Mitarbeiter:innen-Anzahl:
17000
Ansprechpartner:in:
Gerhard Wagner
https://www.wienerstadtwerke.at
Unternehmen:
Wiener Stadtwerke-Gruppe
Branche:
Energie, Mobilität, Industrie
Mitarbeiter:innen-Anzahl:
17000
Website:
https://www.wienerstadtwerke.at
Ansprechpartner:in:
Gerhard Wagner