Frauenquote JA, aber bitte auch mit Weitblick

Diesen Beitrag verfasste Dr. Nadia Arouri mit dem People & Consulting Team von PwC Österreich.

Die Frauenquote in Unternehmen ist sicherlich ein Thema, dem in den letzten Jahren ein starker Fokus gewidmet wurde. Im Jahr 2011 verpflichtete sich die damalige österreichische Bundesregierung per Minister:innenbeschluss erstmals den Frauenanteil in Unternehmen zu erhöhen. Ausgeweitet wurde der Beschluss mit Jänner 2018 für börsennotierte Unternehmen und Betriebe mit über 1000 Mitarbeitenden.

Laut dem Frauen.Management.Report (2022) der Arbeiterkammer konnte der Frauenanteil in Aufsichtsräten dieser Unternehmen auf 35,1% erhöht werden. Ausgelassen bleiben hier jedoch die Positionen auf Management- beziehungsweise Vorstandsebene – hier kann lediglich ein Anteil von 8,1% vorgewiesen werden. Zusammenfassend kann also gesagt werden – ja, es wird daran gearbeitet und allmählich werden auch Erfolge erzielt, diese jedoch sehr schleppend und mit einem klar fehlenden intersektionalen Blick.

Nach dem Global Gender Report des Jahres 2022 vom Weltwirtschaftsforum (WEF) in Hinblick auf die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen belegt Österreich Platz 81 von 146 Ländern. Somit ist bereits das Grundgerüst von Frauen im Kontext Arbeit wackelig. Obwohl laut Statistik Austria in Österreich mehr Frauen (20,6%, Männer 16,8%) mit einem akademischen Abschluss leben, ist die geschlechterspezifische Anteilnahme im wirtschaftlichen Kontext verdreht.

Das patriarchale, konservative System bleibt vorherrschend und Stereotypisierung verfangen sich weiterhin in unseren Köpfen. Wie die Rolle der Frau als fürsorglicher Elternteil, die nach der Geburt lieber zu Hause bleiben und Stunden reduzieren wird – ungeachtet dessen, dass es auch Frauen gibt, die keine Nachwuchspläne haben. Wiederum ist der Mann verpflichtet, als Ernährer zu dienen, die Familie finanziell zusammenzuhalten und den Fokus auf seine Karriere zu legen – dies sind historisch konnotierte Rollenbilder. Auch wenn einige der Ansicht sind, dass diese nicht mehr in unseren Köpfen verweilen und gelebt werden, zeigen die Statistiken ein anderes Bild. Insbesondere die Teilzeitquote (besonders nach der Geburt), die Karenzzeit, oder die allgemeine Berufswahl von Frauen zeigen, dass die Rollenzuschreibungen bis heute gelebt werden.

Ungefähr 35% der Aufsichtsratmandate in österreichischen börsennotierten Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden sind mittlerweile weiblich. Die unternehmerische Frauenquote zu erreichen ist wichtig und notwendig, um eine allgemeine Geschlechtergleichstellung im wirtschaftlichen Kontext zu erreichen und somit die Chancen auf allen Positionsebenen zu verbessern. Der Grundgedanke ist da und richtig. Doch machen wir nicht den Fehler und konzentrieren uns lediglich auf eine Diversitätsdimension und laufen somit Gefahr, durch die eigene Visibilisierung andere in den Hintergrund zu stellen? Somit ist es nicht im Sinne der Vielfalt, wenn lediglich eine Diversitätsdimension an das vorherrschende patriarchale System angepasst wird. 

Es stellt sich also die Frage: Wie viele der Mandatshaltende gesamt haben eine Migrationsgeschichte, eine Behinderung, sind nicht weiß oder identifizieren sich nicht mit den vorherrschenden heteronormativen Geschlechterzuweisungen? Vielleicht sollten wir allmählich beginnen einen verbesserten intersektionalen Zugang zu der bedeutenden Frauenquote zu haben, um nicht in ein paar Jahren die Quoten auf Menschen mit Migrationsgeschichte, Behinderungen und weitere Diversitätsdimensionen ausweiten zu müssen. In diesem Sinne muss jedoch auch auf andere Personen geachtet werden, um mehr weiße, cis-Frauen in der österreichischen Vorstandsebene zu haben. Denn wie vielfältig ist ein Vorstand aus lauter Andreas, Thomas, Erikas und Monikas wirklich?  

Um endgültig gegen das anhaltende Machtverhältnis aufzubrechen, bedarf es Solidarisierung und Verständnis gegenüber allen Diversitätsdimensionen – denn wir alle, mit all unseren individuellen Hintergründen entlang der Dimensionen, müssen gesehen werden.
Wir alle kämpfen um (wirtschaftliche) Teilhabe an der Gesellschaft – warum also nicht gemeinsam?

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