„Danke, aber nein danke“, an solche Absagen müssen sich Arbeitgeber:innen in Zukunft möglicherweise gewöhnen. Nicht nur den USA lehnen Menschen immer häufiger Jobangebote ab oder kündigen ihre Jobs, weil ihnen die bisherigen oder angebotenen Arbeitsbedingungen nicht zusagen. Seit Pandemiebeginn haben dort rund 30 Millionen Personen ihren Arbeitsplatz aus diesem Grund verlassen. Genannt wird dies „Great Resignation“ oder „Big Quit“. Studien zeigen, dass diese Entwicklung jedoch längst über die Vereinigten Staaten hinausgeht. Auch in Österreich zeichnet sie sich ab.
Neue Prioritäten
Weltweit möchte eine von fünf beschäftigten Personen ihren Job in den nächsten zwölf Monaten kündigen. Dies zeigt eine kürzlich erschienene Studie des Beratungsunternehmens PwC, für die 52.000 Arbeitnehmer:innen in 44 Ländern befragt wurden. In Österreich will laut einer Veröffentlichung der Arbeiterkammer Oberösterreich ein Viertel der Arbeitnehmer:innen in Österreich den Job wechseln. Die angegebenen Gründe überschneiden sich in beiden Studien: Personen, die ihren Job in naher Zukunft kündigen wollen, finden ihre Arbeit weniger erfüllend und haben das Gefühl, dass sie am Arbeitsplatz nicht sie selbst sein können. In der AK-Studie werden vor allem schlechte Arbeitsbedingungen, eine zu geringe Entlohnung, fehlende Wertschätzung und mangelnde berufliche Perspektiven als Gründe genannt. Ausschlaggebend für die Kündigungswelle ist zu einem großen Teil die Pandemie. Arbeitnehmer:innen haben sich in dieser Zeit einerseits mehr Gedanken über den Sinn ihrer Beschäftigung gemacht, andere fühlten sich von ihrem Arbeitgeber nicht ausreichend vor dem Virus geschützt. Beides führte zu einem Anstieg der Unzufriedenheit am Arbeitsplatz.
„Generell können sich nur 44 Prozent der Millennials und ein Viertel der GenZ überhaupt vorstellen, länger als fünf Jahre bei einem Unternehmen zu bleiben.”
Der Wunsch nach einer sinnvollen Tätigkeit ist vor allem unter den jungen Generationen, der Generation Z und den Millennials, besonders groß. Sie bilden gleichzeitig auch jene Gruppe von Beschäftigten, die am häufigsten angeben, den Job wechseln zu wollen. 36 Prozent der 19- bis 27-Jährigen (Generation Z) und 21 Prozent der 28- bis 39-Jährigen (Millennials) würden ihren Job innerhalb der nächsten zwei Jahre kündigen, zeigen die Österreich-Teilergebnisse einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte. Rund ein Drittel würde dies sogar tun, ohne einen neuen Job in Aussicht zu haben. Generell können sich nur 44 Prozent der Millennials und ein Viertel der GenZ überhaupt vorstellen, länger als fünf Jahre bei einem Unternehmen zu bleiben.
Zukunftssorgen und Sinnsuche
Studien, die schon vor der Pandemie durchgeführt wurden, haben bereits gezeigt, dass die jüngsten Generationen nicht mehr im gleichen Ausmaß wie ihre Eltern arbeiten möchten. Das Vertrauen darin, nach dem Studienabschluss einen sicheren Job bei einem Unternehmen zu finden, und dort bis zum Pensionsantritt einen festen Arbeitsplatz zu haben, der die Rente absichert, ist kaum noch vorhanden. „Die jungen Generationen glauben nicht mehr daran, dass sie sich mit ihrer Erwerbsarbeit auch mittel- und langfristig finanziell absichern können. Die Erfahrung von Ungleichheit nimmt zu“, so Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte Österreich. Es komme „zu einer massiven Veränderung der Wertewelt in Bezug auf Arbeit und Engagement.“
Vor diesem Hintergrund geben die jungen Generationen neben schlechter Bezahlung und mangelnder Wertschätzung auch häufig negative Auswirkungen auf ihre mentale Gesundheit, die Angst vor einem Burn-Out sowie mangelnde Flexibilität als Grund für einen Jobwechsel an. Arbeitgeber:innen sollten diese Alarmzeichen ernst nehmen, raten Expert:innen. Neben fairer Entlohnung sollte der Fokus vor allem auf der Verbesserung der Work/Life-Balance sowie auf einer wertschätzenden Unternehmenskultur und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten liegen.
Mehr Klima-Engagement gefordert
Eine weitere Erkenntnis aus der Studie ist, dass sich Unternehmen verstärkt damit auseinandersetzen müssen, welchen Impact ihre Tätigkeiten auf die Gesellschaft haben, wie konsequent sie sich dem Thema Nachhaltigkeit widmen und wie sie in Sachen Diversität und Inklusion dastehen. All diese Faktoren haben einen direkten Einfluss auf die Loyalität der Mitarbeitenden. Die wertebewussten 19- bis 39-Jährigen nennen die Klimakrise nach den steigenden Lebenshaltungskosten als ihre größte Sorge. Knapp 90 Prozent der Befragten bemühen sich, sich nicht klimaschädigend zu verhalten. Gleichzeitig denken die wenigsten, dass Konzerne genug gegen die Klimakrise unternehmen. Unternehmen sind daher in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen – und ihre Mitarbeitenden einzubinden: „Menschen zu befähigen, Veränderungen in ihren Organisationen voranzutreiben, ist der Schlüssel zur Förderung eines Zugehörigkeitsgefühls bzw. der Loyalität“, heißt es in der Deloitte-Studie. So können Wettbewerbsvorteile erzielt werden. Ein Schlüsselpunkt in Zeiten der Great Resignation.
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