Die Gesichtsleserin

„Geschäftsleute, Paare, Abiturienten, Millionäre und sogar Sterbende“ suchen Anne Fierhauser auf, um mehr über sich zu erfahren. Auch Unternehmen nutzen ihre Kenntnisse. Denn mit ihrer Ausbildung als Gesichtleserin kann die 41-Jährige Talente und Stärken in Gesichtern lesen – und verändert damit Lebensläufe.

Was genau ist Gesichtlesen?

Anne Fierhauser: Ausgebildete Gesichtleser:innen erkennen anhand von Gesichtsmerkmalen beispielsweise Stärken und Talente. Die Technik hat in allen Hochkulturen einen Ursprung und kann in die verschiedensten Richtungen ausgeführt werden. Ich beschäftige mich vorwiegend mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung und nutze dabei das Wissen der chinesischen und europäischen Gesichtleser:innen.

Was können Sie konkret für diese Menschen tun?

A.F.: Ich kann anderen Menschen zeigen, wo ihre Talente und Stärken liegen und so dazu beitragen, dass sie entsprechende Wege in den individuellen Erfolg einschlagen können. Ich schenke meinem Gegenüber, gesehen zu werden. Wenn Menschen in ihren Talenten leben, haben sie die besten Voraussetzungen, um glücklich zu werden – das war auch bei mir so. Gesichtslesen ist ein bestärkendes Instrument für die Welt.

Lesen Sie sofort ein Gesicht, wenn Sie einen Menschen treffen?

A.F.: Nein, hierzu bedarf es eines Auftrags und einer bewussten Entscheidung. Anhand einer Auswahl von Fotos analysiere ich das Gesicht und schreibe rund 20 Seiten über den Menschen. Danach erfolgt ein persönliches Gespräch.

Wie sind Sie darauf gekommen?

A.F.: Mein Leben hat sich durch mein eigenes Reading komplett gedreht. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, in meiner Wahrheit und in meinen Talenten und Potenzialen gesehen zu werden. Diese Erfahrung war mir neu, da ich meine Kindheit als Außenseiterkind verbracht habe. Wer selbst nicht wertschätzend gesehen wird, kann anderen Menschen auch nicht wertschätzend gegenübertreten. Das hat mich zu einer – rückblickend betrachtet miserablen – Führungskraft gemacht. Im Gesichtlesen habe ich meine Berufung gefunden. Bis ich mir selbst erlaubt habe, mir damit eine neue Existenz aufzubauen, dauerte es noch einige Jahre, aber ich habe seit 2015 kontinuierlich daran gearbeitet.

Lädt das Gesichtlesen nicht zum Schubladendenken und zu vereinfachten Schlussfolgerungen ein?

A.F.: Das Gegenteil ist der Fall: Gut ausgebildete Gesichtleser:innen sehen immer die Kombination verschiedener Merkmale, deshalb gibt es am Schluss eines seriösen Prozesses keine Chance für Schubladen.

In der Historie wurde die Technik auch missbraucht. Wie begegnen Sie Vorwürfen, die das Gesichtlesen mit dem Nationalsozialismus in Verbindung bringen?

A.F.: Ein berechtigtes Hinterfragen! Auch deswegen gibt es einen ausführlichen Blogbeitrag auf meiner Seite zu dem Thema. Ja – im Dritten Reich wurden artverwandte und wissenschaftlich widerlegte Techniken zur Kategorisierung von Menschen genutzt und angebliche Erkenntnisse als „Nachweis einer Rassenzugehörigkeit“ betrachtet. Ich betone, dass ich jegliches nationalsozialistische Gedankengut zutiefst verurteile und Menschen- und Rassenkategorisierungen von Grund auf ablehne und ihnen widerspreche.

Wie werden Sie der großen Verantwortung gerecht, die mit dem Gesichtlesen verbunden ist?

A.F.: Neben der Tatsache, dass ich eine wertschätzende und positive Perspektive einnehme, vernetze ich meine Klient:innen im Bedarfsfall für die Vertiefung von Themen mit entsprechenden Coaches. Für gesundheitliche Themen verweise ich auf einen engen Geschäftspartner mit fundierten Kenntnissen aus der Antlitzdiagnostik.

Sie bilden auch in Gesichtlesen aus – welche Voraussetzungen sind hier nötig?

A.F.: Ich lege sehr viel Wert darauf, dass die Teilnehmer:innen meiner Seminare und Ausbildungen entsprechende Haltungen und Verantwortungsbereitschaft mitbringen. Auch deshalb halte ich mich strikt an einen Ehrenkodex und lehre diesen bedingungslos in meinen Seminaren.

Im kommenden Jahr haben Ihre Seminare für Mit- arbeiterführung und Recruiting Premiere. Ist es nicht heikel, wenn Bewerbende nicht wissen, dass sie „gelesen“ werden?

A.F.: Unbewusst lesen wir alle das Gesicht des Bewerbenden anhand des Bewerbungsfotos – sofern vorhanden. Algorithmen oder Künstliche Intelligenzen suchen heute Fachkräfte nach bestimmten Kriterien aus. Das Gesichtlesen ist aus meiner Sicht deutlich persönlicher, wertneutraler und fairer.

Verändern Botox oder Make-up ein Gesicht so, dass es nicht mehr gelesen werden kann?

A.F.: Nein, das Gesicht beinhaltet so viele Informationsquellen, dass die Veränderung von einzelnen Bereichen das Lesen des gesamten Gesichtes nicht beeinträchtigt. Gesichter verändern sich – durch das Erleben von Schönem, durch starken Alkoholkonsum, durch das Ausleben der Talente. Botox ist nur eine Art von Veränderung, die Gesichtleser:innen mit in ihre Analyse einbeziehen.

Verschiedene Gesichts-Lesarten

A.F.:Hinweise auf die Lehren des Gesichtlesens finden wir in sämtlichen Hochkulturen und auf allen Kontinenten wieder. Entsprechend breit sind Lesarten und Herangehensweisen. Während die Antlitzdiagnostiker auf Färbungen und Schwellungen im Gesicht schauen, beziehen die chinesischen Siang-Mien-Meister zum Beispiel Muttermale in ihre Lesung ein, die für andere Gesichtleser:innen keine Rolle spielen. Eine weitere Art ist die Physiognomik mit europäischem Ursprung. Schon Hippokrates, Paracelsus, Konfuzius und Aristoteles haben sich intensiv mit dem Thema befasst.

Verschiedene Gesichts-Lesarten

Hinweise auf die Lehren des Gesichtlesens finden wir in sämtlichen Hochkulturen und auf allen Kontinenten wieder. Entsprechend breit sind Lesarten und Herangehensweisen. Während die Antlitzdiagnostiker auf Färbungen und Schwellungen im Gesicht schauen, beziehen die chinesischen Siang-Mien-Meister zum Beispiel Muttermale in ihre Lesung ein, die für andere Gesichtleser:innen keine Rolle spielen. Eine weitere Art ist die Physiognomik mit europäischem Ursprung. Schon Hippokrates, Paracelsus, Konfuzius und Aristoteles haben sich intensiv mit dem Thema befasst.

Zur Person

(c) Mirjam Hagen

Bevor Anne Fierhauser ihre Berufung fand, war die 41-Jährige Projektmanagerin und Führungskraft in einer international tätigen Agentur. Nach dem Weg über werteorientierte Organisationsentwicklung und Soft-Skill-Trainings übt sie das Gesichtlesen heute als Consultant, Trainerin und Speakerin aus. Ihr Credo, das anderen helfen soll, mehr über sich selbst und/oder ihr Umfeld zu erfahren, lautet: „Die Wahrheit deines Lebens, sie steht dir ins Gesicht geschrieben“. Webinare und Ausbildungstermine auf: einblickgesicht.de/termine

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