Die unterschätzte Erfolgsformel für Start-ups: Erfahrung und Diversität als Wachstumstreiber

Das Klischee vom jungen Start-up-Genie hält sich hartnäckig, doch die Realität zeigt: Erfahrung steigert die Erfolgschancen, und diverse Teams sind profitabler. Für nachhaltige Innovation sind eine gerechtere Kapitalverteilung und gezielte Maßnahmen entscheidend.

Das Bild vom jungen Start-up-Genie, das mit einer bahnbrechenden Idee den Markt revolutioniert, hält sich nach wie vor hartnäckig. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild: Das durchschnittliche Alter von Gründer:innen liegt bei rund 32 Jahren – und mit der steigenden Erfahrung der Mitarbeiter:innen erhöhen sich die Erfolgschancen. Studien zeigen, dass Unternehmer:innen mit mehreren Jahren Branchenerfahrung ein deutlich höheres Wachstumspotenzial für ihr Start-up generieren.

Alter als Wettbewerbsvorteil

Die Annahme, dass vor allem junge Gründer:innen Erfolg haben, kann durch Zahlen widerlegt werden. Eine Untersuchung zeigt, dass Start-ups, die von Personen mit mindestens drei Jahren Branchenerfahrung gegründet wurden, eine um 85 Prozent höhere Erfolgschance haben. Besonders in komplexen Industrien wie der Biotechnologie oder dem Maschinenbau zeigt sich, dass Expertise und ein etabliertes Netzwerk entscheidend für den Erfolg von neu gegründeten Unternehmen sind.

Erfolgreiche Unternehmen setzen zudem auf altersgemischte Teams: Während jüngere Teammitglieder vermehrt Innovationen vorantreiben, bringen erfahrene Gründer:innen meist strategische Weitsicht und Krisenbewältigungskompetenz mit.

Innovativer und wirtschaftlich erfolgreicher durch diverse Teams

Die Zusammensetzung des Gründer:innenteams spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, die jedoch oft unterschätzt wird. Start-ups mit divers aufgestellten Teams sind nicht nur kreativer, sondern wirtschaftlich erfolgreicher. Laut einer Analyse von McKinsey sind Unternehmen mit einem kulturell vielfältigen Führungsteam 25 Prozent häufiger überdurchschnittlich profitabel als weniger diverse Wettbewerber. (McKinsey, 2019).

Auch aws Geschäftsfeldleiterin IDE Tanja Spennlingwimmer beobachtet diese Vorteile in ihrem Arbeitsfeld: “Diversität ist kein Nice-to-have, sondern ein echter Erfolgsfaktor – das sehe ich immer wieder in meiner Arbeit mit Start-ups, Investor:innen und Innovationsprojekten. Unterschiedliche Perspektiven bringen bessere Entscheidungen, mehr Kreativität und letztlich nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg.”

Trotz dieser nachgewiesenen Vorteile bleibt die Start-up-Szene bis heute weitgehend homogen. Beispielsweise hatten 2024 nur 3 Prozent der finanzierungsstarken österreichischen Start-ups ein rein weibliches Gründungsteam – eine leichte Steigerung zum Vorjahr, die jedoch den anhaltenden Gender Gap in der Start-up-Finanzierung deutlich macht. Mit einem Anteil von 24 Prozent der finanzierten österreichischen Start-ups, in denen 2024 Frauen im Gründungsteam vertreten waren, wurde zwar ein Anstieg gegenüber 17 Prozent im Vorjahr verzeichnet – das weist auf einen beginnenden Bewusstseinswandel hin, verdeutlicht aber zugleich, wie viel ungenutztes Potenzial weiterhin besteht. Dies zeigen die Ergebnisse des Female Start-up Funding Index 2024. Auch Spennlingwimmer betont: “Wir sehen nach wie vor strukturelle Hürden, gerade wenn es um Investments geht. Frauen und diverse Teams bekommen seltener Kapital, obwohl Studien zeigen, dass sie oft stabilere und langfristig erfolgreichere Unternehmen aufbauen.”

Ein Überblick zum Status quo:

  • Europäische Start-ups werden zu 85 Prozent von weißen Männern gegründet (Camus, 2023).
  • Nur 11 Prozent der österreichischen Start-up-Gründer:innen sind Frauen (EY, 2024).
  • Lediglich 1,9 Prozent der globalen Risikokapitalmittel gehen an Gründerinnen, für Schwarze oder lateinamerikanische Unternehmer:innen sind es nur 0,1 Prozent (McKinsey, 2023).

Vorteile nutzen – Maßnahmen für Unternehmen

Multikulturelle Teams bringen klare Wettbewerbsvorteile mit sich: Sie verstehen unterschiedliche Kundengruppen besser, haben einen direkteren Zugang zu internationalen Märkten und entwickeln vielfältigere Lösungen. Um diese Vorteile nutzen zu können, muss die Vielfalt in Start-ups aktiv gefördert werden. Konkrete Maßnahmen, die Unternehmer:innen ergreifen können, sind:

  • Gezieltes Recruiting: Vielfältige Teams müssen bewusst aufgebaut werden, dies kann durch inklusiv formulierte Stellenanzeigen initiiert werden.
  • Eine inklusive Unternehmenskultur: Netzwerke und Mentoring-Programme für unterrepräsentierte Gruppen können Chancengleichheit fördern, Karrieremöglichkeiten erweitern und langfristig für mehr Diversität in Führungspositionen sorgen.
  • Bessere Kapitalverteilung: Durch speziell ausgerichtete Förderungen und Investitionen können diverse Gründer:innenteams strukturelle Finanzierungsnachteile überwinden und ihr Innovationspotenzial besser nutzen.

Diverse Gestaltung und inklusive Finanzierung

Gründungserfolg ist kein Zufall, er ist das Ergebnis einer gut durchdachten Teamstruktur. Unternehmen, die auf eine Mischung aus Branchenerfahrung, Innovationsgeist und vielfältigen Perspektiven setzen, sind langfristig erfolgreicher. Eine diversere und zugänglichere Gestaltung von Finanzierungs- und Förderstrukturen ist jedoch ein entscheidender Faktor, um das Potenzial von Start-ups vollständig zu nutzen.

Tanja Spennlingwimmer unterstreicht die Vorteile von Diversität in Start-ups: “Als Förderbank des Bundes sind wir uns bewusst, dass es entscheidend ist, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um Chancengleichheit und Diversität zu fördern. Dies erreichen wir durch den Ausbau von Netzwerken, maßgeschneiderte Förderprogramme und durch einen grundlegenden Wandel in den Denkweisen. Diversität bedeutet für uns nicht nur, über Chancengleichheit zu sprechen, sondern diese auch konkret in unseren Finanzierungsentscheidungen, der Zusammensetzung von Teams und in der Art und Weise, wie wir Vertrauen schenken, umzusetzen. Veränderung passiert nicht von selbst – aber durch kontinuierliches Engagement können wir diese aktiv gestalten und vorantreiben.“

Quellen: Azoulay, P., Jones, B., Kim, J. D., & Miranda, J. (2018). Age and High-Growth Entrepreneurship. National Bureau of Economic Research.; McKinsey & Company (2019). Diversity Wins: How Inclusion Matters.; EY Start-up-Barometer Österreich (2024).; Camus, J. (2023). State of Diversity in European Startups.; McKinsey & Company (2023). Diversity in Venture Capital Report.

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