„Inklusion mit dem Herzen leben“

Besuch bei PwC Österreich, das führend bei Beratung und Prüfung von Unternehmen ist. Rudolf Krickl, Territory Senior Partner, und Barbara Redlein, Inclusive und Diversity Leader, erzählen ganz offen, warum für sie Diversität nicht nur ein Lippenbekenntnis ist.

Walk the Talk“ – frei übersetzt „einfach tun und machen“: Nach diesem Motto hat PwC Österreich eine Unternehmenskultur implementiert, die Transparenz und Fairness fördern will. Als Unterstützer der „Diversity Leaders Challenge 2022“ will man andere Firmen ermutigen auch diesen Weg zu gehen. Denn dies ist, so sind sich CEO Rudolf Krickl und Inclusion & Diversity Leader Barbara Redlein einig, nicht nur eine gesellschaftliche Entwicklung, an der sich alle beteiligen müssen, sondern auch ein wesentliches Asset bei der Rekrutierung der besten Talente. Das Gespräch fand in der Wiener Unternehmenszentrale im DC Tower statt.

Das Thema Diversität ist bei PwC bereits vor einiger Zeit in den Fokus gerückt. Welche Beweggründe gab es dafür?

Rudolf Krickl: „Das Thema Diversität wurde durch die Pandemie deutlich beschleunigt. Warum? Ich bin der Meinung, weil Disruption unseren neuen Alltag darstellt und wir alle als Gesellschaft, als Unternehmen, als Einzelne:r gefordert sind, mit dieser Veränderung umzugehen. Themen wie die neue Arbeitswelt nach Corona, die Klimakrise, nun sogar geopolitische Unsicherheiten, müssen wir gemeinsam lösen. Das können wir aber nur, wenn wir gute Lösungen für die Gesellschaft anbieten und sie gemeinsam aktiv gestalten. Dazu gehört auch, dass wir uns aus unterschiedlichen Perspektiven diesen Themen nähern und daher inklusiv tätig sind.

Barbara Redlein: Mir war von Beginn an wichtig, dass wir uns auf vier Dimensionen fokussieren, um wirklich etwas voranzubringen und nicht von allem ein bisschen was zu machen. Diese sind Gender Parity, Disability, die LGBTQ-Community und das inklusive Mindset. Inklusiv klingt zunächst ein bisschen schwammig, daher muss man konkretisieren, Daten ermitteln und Ziele formulieren. Mein Background ist die Wirtschaftsinformatik, daher ist mir die Messbarkeit unserer Aktivitäten ein besonderes Anliegen. So können wir aufgrund bestimmter Daten im Reporting eruieren, welche der von uns gesetzten Initiativen die richtigen sind. Man muss nicht krampfhaft alles messen, aber die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, über Jahre hinweg zu betrachten, das war das große Ziel. Deswegen haben wir auch unser eigenes I&D Dashboard erstellt. Allen Unternehmen, die ein solches Dashboard nutzen wollen, muss bewusst sein, dass man gerade für diese Kennzahlen einen Vorlauf von zwei bis drei Jahren braucht. Wir reden nämlich hier nicht von CO2-Emissionen, die man einfach monatlich messen und beurteilen kann. Soziale Kennzahlen funktionieren wesentlich komplexer. Bei der Betrachtung eines Bewerbungsprozesses unter dem Aspekt der Gender Parity etwa kann man manche Zusammenhänge erst über Jahre hinweg sehen. Wir haben das aus einer freiwilligen Idee heraus eingebracht. Ab 2024 werden aber auch viele große, vor allem börsennotierte Unternehmen diese sozialen Kennzahlen in ihren Berichten aufnehmen müssen. Aus meiner Erfahrung gelingt dies am Besten, wenn man sich rechtzeitig vorbereitet und das Thema innerhalb der Unternehmenskultur authentisch lebt.

 

„Das ist auch die Botschaft, die wir den Unternehmen mitgeben: Wir müssen breiter denken.“

Rudolf Krickl

Der Aufwand für eine inklusive Unternehmenskultur ist nicht zu unterschätzen. Welche Tipps können Sie für die Umsetzung des Transformationsprozesses geben?

Rudolf Krickl: „Der wichtigste Schritt ist zuerst zu definieren, in welche Richtung man sich bewegen will: Welche Ziele sollen erreicht werden? Worauf liegt der Fokus und ergeben sich daraus auch externe Kooperationen? Die Messbarkeit ist natürlich wichtig, weil man ja den Fortschritt feststellen möchte. Aber wir in Europa tendieren etwas dazu, alles übertrieben zu messen. Im Sozialbereich geht es um qualitative Zugänge. Hier kann man beobachten, dort kann man bewerten, aber nicht immer unmittelbar messen. Das ist auch die Botschaft, die wir den Unternehmen mitgeben: Wir müssen breiter denken.“

Können Sie beobachten, dass die Bereitschaft, sich mit dem Thema Diversität auseinanderzusetzen, in den Führungsebenen steigt?

Barbara Redlein: „Unternehmen sehen, dass es absolut entscheidend dafür ist, ob man die besten Talente behalten oder anwerben kann. Ich bin sogar der Meinung, es wird künftig eines der wichtigsten Assets beim Recruiting sein. Und die Talente, die man haben möchte, merken sehr schnell, ob das Engagement ernst gemeint ist oder nicht. Daher plädiere ich wirklich dafür, sich zunächst auf wesentliche Themen zu konzentrieren, die man tatsächlich umsetzen kann.

Rudolf Krickl: „Mir ist es ganz wichtig hier zu betonen, dass nicht nur die Stakeholder mehr Diversität und eine inklusive Unternehmenskultur einfordern, sondern auch unsere Gesellschaft dies immer stärker tut. Daher ist es ein entscheidender Vorteil im Wettbewerb um die besten Köpfe, also um jene Menschen, die auch aus Loyalität zum Unternehmen die berühmte Extrameile gehen.“

Barbara Redlein: „Absolut. Da geht es um Sinnhaftigkeit, um Werte, um Inhalte. Daher ist es so wichtig, dass Diversität und Inklusion nicht nur Lippenbekenntnisse oder ein Satz in der Unternehmensstrategie sind, sondern wirklich gelebt werden. Dazu gehört auch die Ehrlichkeit zu sagen: Was ist gelungen, was vielleicht noch nicht so, wie wir es uns vorstellen?

 

„Wir haben alle unsere Lernkurven und unsere „famous fails“ und es ist ganz wertvoll, wenn wir da offen drüber sprechen.”

Barbara Redlein

 

Wo muss man sich mehr anstrengen oder vielleicht auf eine andere Maßnahme setzen?

Barbara Redlein: Da möchte ich ein Beispiel rund um die Equal Salary Zertifizierung einbringen, ein Nachweis zur Einhaltung der Lohn- & Chancengleichheit. Wir wollen intern auch hier besser werden, uns messen und uns den Spiegel vorhalten. Nur dann können wir solche Services auch aus eigener Erfahrung unseren Kunden anbieten. Und das ist etwas, was mir persönlich extrem viel Freude macht, nämlich selber die Initiativen intern bei PwC zu begleiten und dann nach Außen zu gehen mit dem, was klappt. Wir wollen uns ja nicht hinstellen und sagen, wir sind überall Best Practice. Wir haben alle unsere Lernkurven und unsere „famous fails“ und es ist ganz wertvoll, wenn wir da offen drüber sprechen. “

Authentisch sein: Das ist offensichtlich ganz wesentlich in diesem Transformationsprozess?

Rudolf Krickl: „Wir sollten uns bewusst sein, dass dies für die gesamte Gesellschaft eine Reise zu einem neuen Miteinander ist. Früher hatte man manchmal den Eindruck, dass es bei Inklusion und Diversität um Slogans für das Marketing geht. Es geht aber in Wirklichkeit darum, dass die Führungskräfte diese Werte mit ihrem Herzen leben, sie wirklich umsetzen und dafür einstehen.

Es gibt noch ein gutes Argument, diese Kultur des Diskurses zu fördern, sich den Veränderungen gegenüber zu öffnen und sie aktiv zu begleiten: Es ist aktives Management und macht einfach Spaß.“

 

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