Diversity und Inclusion sind Themen, die in den vergangenen Jahren immens an Bedeutung in den Unternehmen gewonnen haben. Wie wird dies in der Volksbank Wien gelebt?
Gabriele Girschele: Einer unserer wesentlichen Werte im Umgang mit den Mitarbeitenden lautet „Begegnung auf Augenhöhe“. Dafür braucht es natürlich Maßnahmen, die in diese Richtung abzielen. Wir haben zum Beispiel bei uns im Haus seit Jahren ein Frauennetzwerk, das im regen Austausch mit den Führungskräften steht, damit die richtigen Weichen für mehr Diversität gestellt werden.
Eines unserer Ziele ist die verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Großen Wert legen wir natürlich auch auf eine breites, für alle zugängiges Angebot an Aus- und Weiterbildungen.
Gerald Fleischmann: Wir wissen, dass Organisationen besser funktionieren, wenn gleich viele Frauen im Management bei den Führungsaufgaben Verantwortung tragen wie Männer. Davon sind wir leider noch etwas entfernt, aber wir sind bereits ein gutes Stück vorangekommen. 59 Prozent unserer Mitarbeitenden sind weiblich und leider erst 30 Prozent unserer Führungskräfte.
Aber immerhin haben wir den Frauenanteil in der Führungsebene in den vergangenen Jahren um 15 Prozent nach oben gebracht. Meines Erachtens ist es dadurch gelungen, dass wir durch die Frauennetzwerke Einblick in die echten Notwendigkeiten und Bedürfnisse erhalten haben. Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist sehr wichtig. Deshalb gibt es nun die Regel, dass ab 17 Uhr die Anwesenheit bei bei Sitzungen nur mehr optional ist. Aufgrund der Remote-Arbeit lassen sich insgesamt viele neue Lösungen finden.
Ein weiteres Beispiel ist die Möglichkeit für Frauen und für Männer in Teilzeit Führungspositionen auszuüben. Auch damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht.
Wie wurden dieses Initiativen aufgenommen? Galt es da Widerstände und Vorurteile aufzubrechen – möglicherweise vorwiegend bei bei den männlichen Kollegen?
Gerald Fleischmann: Es hat keinen offenen Widerstand gegeben. Wir haben die Personalabteilung gebeten, dass sie sich um das Thema kümmert und das Frauennetzwerk hat dann sehr viele Vorschläge erarbeitet. Diese haben wir als Vorstand ganz einfach implementiert: Bei starken Veränderungsthemen ist es manchmal besser, wenn man die Dinge einfach durchzieht.
Gabriele Girschele: Ich beobachte, dass es sehr stark angenommen wird. Wir haben nicht nur auf der Bereichsleiter-Ebene eine Erhöhung der weiblichen Führungskräfte, sondern auch bei der Leitung von Gruppen und Filialen. Man kann mittlerweile sagen, dass die Organisation von Frauen getragen wird. Es kann aber natürlich sein, dass es auch welche gibt, die von unseren Maßnahmen weniger begeistert sind.
Gerald Fleischmann: Es gab zum Beispiel Diskussionen als wir einen Führungskräftelehrgang exklusiv für Frauen aufgesetzt haben. Da gab es dann schon Kritik, dass diese Möglichkeit nur Frauen vorbehalten war. Nach einiger Zeit wurde der Zugang für alle geöffnet. Aber am Anfang war es eine bewusste Entscheidung, um die vielen Nachteile, die Frauen im Berufsleben haben, etwas zu kompensieren.
Wie wichtig ist es, Männer auf dem Weg zu Gender Parity einzubinden?
Gabriele Girschele: Für mich ist das immens wichtig. Wir wollen, wenn es um das Thema Frauenförderung geht, nicht in eine Ecke gestellt werden. Die Veränderung muss jedoch ein gemeinsamer Weg sein: Wir lernen voneinander und es ist ein konstruktives Miteinander.
Sehr wichtig ist es, wenn wir Rückendeckung vom Vorstand bekommen. Denn so bekommen die Einladungen, an unseren Veranstaltungen und Initiativen teilzunehmen, mehr Gewicht.
Gerald Fleischmann: Es ist wichtig, dass auch wir Männer mit im Boot sind. Denn wir wollen uns gegenseitig unterstützen und gegenseitig voneinander profitieren. Dies vermittelt man am Besten mit einer offenen Kommunikation. Wir haben immer wieder in Vorstandsinformationen und bei Führungskräfte-Veranstaltungen auf unsere Strategie verwiesen und von den einzelnen Maßnahmen berichtet. Denn es ist ja ganz einfach: 50 Prozent unserer Bevölkerung ist weiblich und 50 Prozent männlich. Um die Talente optimal auszunutzen, müssen wir dieses Verhältnis auch in unserer Führungsebene abbilden. Das ist unser erklärtes Ziel für 2030.