How to be we?

Alle reden von Diversität, aber wie setze ich sie im Berufsalltag wirklich um? Sieben Tipps für Unternehmer:innen.

1. Eine qualifizierte Bewerberin trägt auf dem Foto ein Kopftuch

Aus Studien weiß man, dass Kopftuchträgerinnen deutlich seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden. Das Paradoxe daran: Gerade Firmenchefinnen und -chefs, die diese Bekleidung als Symbol für die Unterdrückung von muslimischen Frauen sehen, verhindern deren Selbstbestimmtheit, indem sie ihnen keine Arbeit geben. Wesentlich sinnvoller: ein Kennenlernen zulassen – und fachliche Kompetenzen sowie den persönlichen Eindruck über ein Stück Stoff stellen.

2. Die Praktikumsanwärterin kann fließend Englisch aber kein Deutsch

Zugegeben: Wenn es um ein Praktikum bei einer regionalen Beratungs-Hotline geht, kann das schwierig werden. In den meisten anderen Fällen ist die Herausforderung vermutlich kleiner als gedacht. Gerade die jüngere Generation kommt spielend mit Übersetzungs-Tools zurecht, und wenn die betreffende Person nicht aus einem englischsprachigen Land stammt, zeugen ausgezeichnete Englischkenntnisse von ihrem Sprachtalent. Wer weiß: Vielleicht kann sie nach drei Monaten besser Deutsch als die ganze Belegschaft zusammen?

3. Ich möchte eine Rollstuhlfahrerin einstellen, aber in der Betriebskantine kann unmöglich eine Rampe eingebaut werden

Hier gibt es eine einfache Lösung: Für die Mitarbeiterin und das Team, in dem sie arbeitet, gibt es vom Unternehmen einen monatlichen Zuschuss, um sich in einem Gasthaus in der näheren Umgebung zu gleichen Bedingungen zu verköstigen. Weitere Tipps und Informationen über das Arbeiten mit behinderten Menschen liefert etwa in Österreich die WKO-Broschüre „Die Einstellung macht’s”.
Das AMS bietet nicht nur Beratung zu den steuerlichen Vorteilen, Zuschüssen und Förderungen, sondern auch zu praktischen Fragen des gemeinsamen Berufsalltags. Noch nie eine Bewerbung von einer Person mit Behinderung bekommen? Einmal auf die Plattform myAbility.jobs schauen!

4. Ein Mitarbeiter erzählt mir, dass er Vater wird 

Auch Männer, die in Karenz gehen, sind eine Minderheit – nicht zuletzt deshalb, weil sie fürchten, im Berufsleben Nachteile zu haben und wie Außenseiter behandelt zu werden. Als Vorgesetzte kann man hier entgegenwirken: Etwa indem man das Thema Elternkarenz selbst anspricht, dazu ermutigt und günstige Rahmenbedingungen schafft. Der Vorteil für das Unternehmen: Man hat anschließend einen modernen Mann im Team, der während seiner Zeit beim Kind seine sozialen Kompetenzen verbessert und gelernt hat, mehr Verantwortung zu übernehmen. Auf diese Weise wird nicht nur die stereotypische Aufgabenteilung in der Familie, sondern auch im Betrieb aufgeweicht, was die Zusammenarbeit zwischen den Geschlechtern stärkt.

5. Eine Person aus meinem Team outet sich als Trans-Mann und möchte neuerdings mit männlichen Pronomen angesprochen werden

Trans-Personen sind in der Gesellschaft nach wie vor mit vielen Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert. Ein Outing am Arbeitsplatz ist ein Schritt, der oft viel Überwindung kostet – und der zeigt, wie wichtig diesem Menschen seine Geschlechtsidentität ist. Auch wenn es anfangs ungewohnt ist, ihn mit seinen gewählten Namen und Pronomen anzusprechen und anfangs noch Fehler passieren: Mit ein bisschen Übung klappt die Umstellung nach kurzer Zeit. Zur Unterstützung kann man sich einen Diversity-Coach für einen Workshop in den Betrieb holen. So können von fachkundig geschulten Personen Fragen geklärt werden, ohne dass der Mitarbeiter selbst ständig welche beantworten muss, und auch die Kollegenschaft wird auf die Situation geschult. In Vorstellungs-Situationen kann man Trans-Personen übrigens mit einem simplen Kniff das Leben erleichtern: Man nennt einfach neben dem Namen auch die Pronomen. Dadurch wird es Usus, das Geschlecht des Gegenübers nicht einfach anhand des Äußeren zu erraten, sondern zu erfragen, mit welchen Pronomen sich jemand wohlfühlt.

6. Obwohl ich mir mehr Diversität wünsche, bewerben sich in meinem Unternehmen nur „weiße“ Personen

Das kann am Text der Stellenanzeigen liegen. Wenig verwunderlich, dass die Formulierung „Deutsch als Muttersprache” Menschen mit Migrationshintergrund eher weniger anspricht. Aber auch der Stellenwert von Diversity im eigenen Unternehmen spielt eine Rolle und sollte explizit benannt werden. Besonders empfehlenswert ist es dabei, sich als lernende Organisation zu präsentieren – etwa mit Formulierungen wie „Wir sind nicht frei von diskriminierenden Praxen, aber uns ist es wichtig, sich dieser bewusst zu werden und sie abzubauen”, oder „Wir befinden uns in einem laufenden Veränderungsprozess zu mehr Diversität und wünschen Bewerbungen von Menschen, die strukturelle Diskriminierung erfahren.”

7. Obwohl ich mir keiner Schuld bewusst bin, wird mir plötzlich von Mitarbeiterseite Diskriminierung vorgeworfen 

Nicht selten ist die Benachteiligung von Personen nicht auf den ersten Blick als solche ersichtlich. Etwa, wenn in einem Unternehmen Teilzeitkräfte von Führungspositionen ausgeschlossen werden und die meisten Teilzeitkräfte in diesem Betrieb Menschen mit Migrationshintergrund sind. Natürlich muss nicht hinter jedem Fehltritt böse Absicht stehen – manchmal passieren Dinge auch aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit. Umso wichtiger ist es, sich bei einem Vorwurf nicht beleidigt zurückzuziehen oder selbst zum Angriff überzugehen, sondern das konstruktive Gespräch zu suchen. Das gleiche gilt, wenn von Vorwürfen gegen andere Personen im Unternehmen berichtet wird. Als Arbeitgeber:in hat man eine Fürsorgepflicht: Bei einer diskriminierenden Belästigung muss man angemessene Abhilfe schaffen. Bleibt man untätig, kann man selbst schadenersatzpflichtig werden. Maßgeschneiderte Schulungen zu diesem Thema bietet übrigens die Gleichbehandlungsanwaltschaft an. Sie unterstützt Unternehmen dabei, „eine moderne, inklusive Arbeitswelt zu schaffen, in der Diskriminierung keinen Platz hat – und in der Diversität tatsächlich gelebt wird“.

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