Wer Female Talents halten will, muss mehr bieten!

"Weiterentwicklung speziell für Frauen ist ein Must-have und kein Nice-to-have, so wie es viele scheinbar immer noch betrachten", meint Kosima Kovar. Im Gespräch mit Weconomy verrät sie welche Schritte Unternehmen jetzt implementieren sollten, um im War for Female Talents die Nase vorne zu behalten.

Die Ergebnisse der jüngsten LeanIn Studie zeigen, dass aktuell so viele Frauen wie noch nie ihren Job wechseln möchten. Der Grund für das dräuende Debakel? Unzureichende Bemühungen in Sachen Diversität, Gleichstellung und Inklusion vonseiten der Unternehmen. Wir sprechen mit Kosima Kovar, Serial Impact Fempreneur, über Status Quo und Lösungen, die Arbeitgeber:innen helfen, weibliche Talente nicht nur gewinnen, sondern auch nachhaltig zu binden.

Unternehmen leisten immer noch unzureichende Bemühungen in Sachen Diversität, Inklusion und Geschlechtergleichheit. Welche Problemstellen sind in deinen Augen aktuell die größten?

„Es ist die Awareness: Unternehmen sehen Geschlechtergleichheit scheinbar als Nice-to-have, dabei ist es ein Must-have. Das Thema wird schlichtweg immer noch nicht ernst genug genommen, es gibt zu selten Verantwortliche dafür und damit einhergehend auch zu wenige Ressourcen. Zu niedrigen Budgets gehen damit einher. Da wirkt es fast so, als würde es grundlegend am Bewusstsein scheitern, dass das Thema Geschlechtergleichheit überhaupt wichtig ist – und richtig viel Geld kostet, wenn man es nicht endlich forciert. Wir sprechen da von abwandernden Talenten, „Silent Quitters“ und unbesetzten Positionen bzw. teuren Nachbesetzungen. Talentierte Frauen werden die Unternehmen verlassen. Und das alles mitten im Fachkräftemangel.“

Hinzu kommt ein Generationenwechsel. Wird dieser die Problematik befeuern oder voranbringen?

„Das kommt darauf an, wo das Unternehmen steht. Menschen haben heute die Wahl, wo sie arbeiten. Und damit meine ich wirklich das WO, also den Ort. Die Globalisierung treibt es voran, dass hochqualifizierte Talente auch über die Landesgrenzen hinaus nach Unternehmen suchen, für die sie gerne arbeiten. Das ist ein Trend, den gerade die Jungen anpacken: Sie entscheiden sich für jene Unternehmen, die spannende Möglichkeiten und neue Herausforderungen bieten – ganz egal, wo diese sind. Hinzu kommt: Die junge Generationen arbeitet nicht lange für dasselbe Unternehmen und springt maßgeblich durch Jobwechsel aufs nächste Level.

Das macht die Sache komplizierter und setzt neue Maßstäbe: Lokale Unternehmen müssen global denken und ihre Arbeitgeber:innenmarke mit Unternehmen über die Landesgrenze hinaus benchmarken. Sonst gehen top ausgebildete Frauen zur Konkurrenz. Das bedeutet auch: Was gestern funktioniert hat, ist morgen vielleicht alt. „More of the same“ ist gefährlich. Wir sind mitten in einer Challenge, die man nur gewinnt, wenn man sie ernst nimmt und den Weg nach vorne beschreitet.

Kurz gesagt: Kein Stein bleibt auf dem alten, Bewegung kommt rein. Was heißt das für jede und jeden einzelnen als Individuum?

Lebenslanges Lernen ist die Antwort: Die Art des Lernens verändert sich und wird notwendiger, um ganze Organisationen am Laufen zu halten und weiterzubringen. Remote Work bedeutet auch Remote-Weiterbildung. Ein Seminar, für das die Talente verreisen müssen und/oder ganze Tage blocken müssen, ist in einer schnelllebigen, flexiblen Arbeitswelt ein veraltetes Konzept.

Für kontinuierliches Lernen und Wachstum braucht es Lösungen, die individualisierter, digitaler und Teil des Alltags sind. Diesen Ansatz verfolgen auch wir mit der Ada App: Unser Gehirn lernt besser, wenn wir jeden Tag einen Schritt gehen, als wenn wir einen Marathon pro Jahr laufen und die restlichen 364 Tage im Jahr stehen bleiben.“

Eingehakt bei klassischen Seminaren: Was macht der Drang nach lebenslangem Lernen mit altbekannten Weiterbildungsstrategien?

„Traditionelle Weiterbildungsangebote in großen Unternehmen sind häufig teure Seminare oder Konferenzen. Diese bringen aber Reisezeiten und -kosten mit sich, sind zeitkritisch und zeitintensiv. Plus: Wir sind uns bewusst, dass wir mit den Mitarbeiter:innen im Seminar jeweils Individuen haben, doch individuelle Wege brauchen einen individuellen Fokus. Das gibt einen hohen Streuverlust.

Coachings wiederum sind teuer und meist nur ausgewählten Führungskräften zugänglich. Und da stellt sich die Frage: Wollen wir in einem Unternehmen arbeiten, in dem wir uns gesehen und gefördert fühlen oder in einem, in dem wir genau um diese Dinge mühsam kämpfen müssen? Wir brauchen Angebote, die auf jede und jeden einzelnen zugeschnitten sind, im Alltag genutzt werden können und vor allem auch dort, wo die Mitarbeiter:innen wollen. Nicht jede:r will sich gemeinsam mit den Kolleg:innen im selben Bürogebäude weiterentwickeln. Die Angebote müssen technisch gestützt und leicht auszurollen sein, ausnahmslos allen zugänglich sein und sie brauchen einen hohen ROI.“

Apropos ROI: In welcher Preisspanne liegt der aktuelle Budgetaufwand für die [Ada] App?

„Die Kosten für die App belaufen sich auf EUR 1 pro Tag, EUR 240 pro Mitarbeiter:in für ein gesamtes Jahr und liegen damit bei unter einem Fünftel für den Durchschnitt an Weiterbildungskosten, die österreichische Unternehmen für ihre Mitarbeiter:innen ausgeben und bei durchschnittlich 16% eines klassischen Seminars. Ein durchschnittliches Seminar – wo nicht immer individuell auf Bedürfnisse eingegangen wird, kostet pro Mitarbeiter:in in etwa EUR 1.500. Für dasselbe Geld kann die Ada App 75 Frauen pro Monat zur Verfügung gestellt werden. Die Entscheidung ist also: Individuelle, orts- und zeitunabhängige, technische Micro Learning Lösung für 75 weibliche Mitarbeiter:innen oder ein klassisches Seminar für eine. “

Zusammenfassend: Wie können Unternehmen nur jetzt, sondern auch künftig an weibliche Talente zu kommen?

„Eingangs haben wir angesprochen, dass Unternehmen das Thema Geschlechtergleichheit nicht als Nice-to-have, sondern als Must-have betrachten müssen. Die Unternehmen und deren strategische Führungskräfte müssen Budgets in diese Richtung freimachen und Verantwortliche dafür installieren. Wer nicht in der Rolle der Entscheider:innen ist, muss diese Forderungen laut machen und damit etwas bewegen.

Unternehmen müssen ein Ort sein, wo Frauen gerne arbeiten. Empfehlungen von echten Menschen spielen hier eine riesige Rolle – es zahlt sich also aus, für die Bildung der externen Arbeitgeber:innenmarke erstmal intern anzufangen. Anders gesagt: Wir müssen die Frauen im Unternehmen stärken, um auch künftig weibliche Talente zu gewinnen.“


Über Kosima Kovar

Kosima Kovar ist Serienunternehmerin, internationale Keynote Speakerin und Gastlektorin an mehreren Universitäten in Österreich. 2018 rief sie mit sgreening – Social & Green Marketing Österreichs erste Green Marketing-Agentur ins Leben, mit der sie 2020 vom Wirtschaftsmagazin Forbes unter die Top 30 Unternehmer:innen unter 30 Jahren gelistet wurde.

2020 folgte ihr zweites Unternehmen, das sie gemeinsam mit CTO Matthew Ziebarth führt: Ada Growth ist eine neue Lösung für mehr Geschlechtergleichheit und die Sichtbarmachung der Stärken von Frauen in Unternehmen. Mit täglichen, 2-minütigen Lernvideos von namhaften Expertinnen fungiert die Ada App wie eine „Mentorin in der Tasche“ für Mitarbeiter:innen.

Kovar erhielt für die Lösung bereits mehrfach Awards, zählt namhafte Investor:innen wie etwa Hansi Hansmann zu ihren Unterstützer:innen. Ausgezeichnet wurde sie für Ada Growth mit DELINA GOLD, dem Innovationspreis für digitale Bildung, Gesellschaft und lebenslanges Lernen. Ebenfalls unter die Awards reihen sich die Next Generation Business Trophy für Female Vision sowie der #glaubandich Accelerator und der Alumni Award „shaping the future“.

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