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Event Recap: Gender Collaboration im Management

Was haben männliche Führungskräfte über Vielfalt, den Aufstieg talentierter Frauen ins Management sowie die harmonische Zusammenarbeit in Vorstandsetagen zu sagen? Und welche Hindernisse gilt es zu überwinden? Das waren die Diskussionsthemen eines virtuellen Roundtables, zu dem Ende März die renommierte Autorin und Female-Leadership-Expertin Bettina Al-Sadik-Lowinski eingeladen hat.

Die Teilnehmer, allesamt starke Befürworter weiblicher Führungskräfte, tauschten ihre Erfahrungen mit Geschlechtervielfalt in globalen Organisationen aus und erörterten, wie sie durch Gender Collaboration den Anteil von Frauen in Führungspositionen in ihren Unternehmen erhöhen konnten. Das hochkarätig besetzte Panel bildeten Hermann Sporrer, Co-Founder & CEO WEconomy & sheconomy, Javier Gimeno, Senior Vice President & CEO Latin America Region of Saint-Gobain, Gamiel Gilken, CEO Schouten & Nelissen Company, Johannes Schmidt-Schultes, Former Group CFO, Interim Manager & Senior Advisor und Edwin Diender, Huawei Chief Innovation Officer.

Paradigmenwechsel zu integrativer Zusammenarbeit

Ein zentraler Aspekt der Diskussion war die Feststellung, dass trotz langsamer Fortschritte im Bereich der Geschlechtervielfalt im oberen Management weltweit immer noch immer Aufholbedarf besteht. Laut einer internationalen Umfrage von Grant Thorntons, auch nachzulesen auf sheconomy, liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen weltweit bei 33,5 % – nur geringfügig höher als im Vorjahr. Besonders besorgniserregend ist der deutliche Rückgang des Anteils von Frauen in CEO-Positionen von 28 % auf 19 %.

Diese Zahlen und die Erkenntnisse der Paneldiskussion verdeutlichen die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtervielfalt in Führungspositionen. Die Teilnehmer betonten etwa die Bedeutung eines Paradigmenwechsels weg von männlicher Dominanz hin zu einer integrativen Zusammenarbeit beider Geschlechter. So wurde zudem hervorgehoben, dass es an der Zeit sei, beide Perspektiven – von Frauen und Männern im Top-Management – einzubeziehen, um eine erfolgreiche und gendergerechte Zukunft für Unternehmen zu gestalten.

Klarer Handlungsauftrag an Unternehmen

Als Ergebnis des Panels formulierten die Teilnehmer eine Vision zu Gender Collaboration in Unternehmen, die von Unternehmensleitungen als zukunftsweisende Leitlinie genutzt werden kann. Im Kern der Vision steht der Gedanke, dass Frauen und Männer im Management mit einer neuen Selbstverständlichkeit gemeinsam aufsteigen und damit den zukünftigen Erfolg ihrer Teams und Organisationen garantieren. Unternehmenskulturen bauen darauf, dass individuellen Stärken notwendiger Weise in ein sich komplementierendes Ganzes einfließen, um den Herausforderungen in wandelnden Märkten zu begegnen.

Die Podiumsdiskussion bot somit nicht nur Einblicke in bewährte Praktiken zur Förderung von Geschlechtervielfalt im Management, sondern auch einen klaren Handlungsauftrag für eine integrative Zusammenarbeit zwischen den Geschlechtern zur Schaffung einer gerechteren und erfolgreichen Unternehmenskultur.

Hier gibt es die Diskussion in voller Länge zum Nachschauen sowie den LinkedIn Artikel von Bettina Al-Sadik-Lowinski zum Nachlesen.

Die Finalist*innen der Diversity Leaders Challenge stehen fest

In einer Welt, die von Filtern und Hochglanz geprägt ist, sind ehrliche Diskussionen über Vielfalt und Inklusion unerlässlich. Dies wurde auch bei der finalen Jury-Sitzung zur WEconomy Diversity Leaders Challenge 2024 deutlich, wo die Top 5 Finalist:innen in drei Kategorien ermittelt wurden.

Nachdem die 13-köpfige Fachjury bereits im Vorfeld die eingereichten Initiativen mit einem transparenten und nachvollziehbaren Punktesystem bewertet hatte, traf sie an einem Nachmittag zusammen, um in einer qualitativen Evaluation die besten Projekte zu ermitteln. “Ich bin extrem zufrieden mit der Vielzahl an unterschiedlichen und impactstarken Initiativen. Die Qualität ist dieses Jahr sehr hoch und hat uns als Jury wirklich sehr gefreut aber auch im Auswahlprozess gefordert, hier nochmals die besten auszuwählen”, resümiert WEconomy & sheconomy CEO und Initiator Hermann Sporrer.

Hochkarätig besetzte DEI-Fachjury

Die diesjährige Jury bildeten die DEI-Expert*innen Hermann Sporrer (sheconomy & WEconomy), Michaela Ernst (sheconomy & WEconomy), Nicole Prieller (PwC), Wolfgang Kowatsch (MyAbility), Alžbeta Takáčová (Coca-Cola HBC), Pamela Rath (newworktoday & sheconomy), Julia Kreyler-Valsky (Inclusion Indicator), Barbara Buzanich-Pöltl (Neuwaldegg), Christian Berger (WU Wien), Anke van Beekhuis (Beekhuis Performance Culture), Manisha Joshi (Ketchum), Ali Mahlodji (futureOne) und Sandra Straka (Goldman Sachs). Sie hatten die anspruchsvolle Aufgabe, alle 30 finalen Einreichungen der Shortlist im Detail zu analysieren und die innovativsten DEI-Initiativen sowie DEI-Champions zu küren.

Tiefgehende Diskussion bei Auswahl der Gewinner*innen

Der gemeinsame Nachmittag war geprägt von tiefgehenden, wertschätzenden und gleichzeitig fordernden Diskussionen – ein Beweis für das Engagement und die Vielfalt der Initiativen. Die Auswahl der Top 5 Finalist*innen war keine leichte Entscheidung. “Die Einreichungen waren sehr hochwertig und uns begegneten sehr viele Projekte, die das Prädikat „Vorbildhaft“ verdient hätten. Wie so oft im Leben können natürlich nicht alle gewinnen, weshalb die Sitzung auch länger als geplant dauerte”, erzählt Ali Mahlodji und betont den Fokus auf Impact, Umsetzung und Innovationskraft bei der Auswahl der Gewinner*innen.

Die Top 5 pro Kategorie

Das sind die Unternehmen mit den am besten bewerteten Initiativen in alphabetischer Reihenfolge:

Innovative DEI-Initiative in Unternehmen unter 500 Mitarbeiter*innen

Innovative DEI-Initiative in Unternehmen über 500 Mitarbeiter*innen

DEI-Champion

  • Merck Sharp & Dohme Ges.m.b.H.
  • Mondi Group
  • ÖBB-Holding AG
  • UNIQA Insurance Group AG
  • Takeda in Österreich

Auszeichnung im Rahmen der Minerva Awards

Die Gewinner*innen in den drei Kategorien “Innovative DEI-Initiative in Unternehmen unter 500 Mitarbeiter*innen”, “Innovative DEI-Initiative in Unternehmen über 500 Mitarbeiter*innen” und “DEI-Champion” (Unternehmen mit umfassender Strategie, KPIs und Umsetzungsmaßnahmen) werden bei den Minerva Awards am 28. April bekanntgegeben und ausgezeichnet.

Bei der Diversity Challenge ist es uns ein besonderes Anliegen, althergebrachte Klischees und Muster kontinuierlich zu hinterfragen, um eine nachhaltige Zukunft zu gewährleisten. Trotz der Ernsthaftigkeit des Themas kam bei der Jury-Sitzung auch der Spaß nicht zu kurz – ein weiteres Zeichen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Jury-Mitgliedern und bei allen Unternehmen, die ihre DEI-Projekte und Initiativen eingereicht haben.

Alle Einreichungen zur Diversity Leaders Challenge 2024 findet ihr hier.

Neurodiversität in Unternehmen: Der Wert des Andersseins

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Besondere Zeiten erfordern besonderes Denken. Während wir mehr denn je kluge Köpfe brauchen, um die Herausforderungen unserer Zeit anzugehen, brauchen wir dazu auch innovative, kreative und unkonventionelle Ideen – “Thinking outside the box” eben. 

Vielfalt wird dabei oft als Quelle der Innovation betrachtet. Doch während wir uns meist auf Diversität in Bezug auf Geschlecht und Kultur konzentrieren, bleibt eine wichtige Form der Vielfalt oft unbeachtet: Neurodiversität.

Neurodiversität bezieht sich auf die Einzigartigkeit des menschlichen Gehirns und die verschiedenen Arten, wie es funktioniert und sich entwickelt. Sie beschreibt, dass jeder Mensch individuelle neuronale Verdrahtungen und Funktionsweisen hat, die uns zu dem Menschen machen, der wir sind, und damit zu der bestehenden Neurodiversität in unserer Gesellschaft beitragen.

Variationen des Gehirns

Neurodiversität umfasst eine breite Palette von neurologischen Unterschieden, welche diagnostiziert sein können, wie ADHS oder Dyslexie, aber nicht müssen.
Ein grundlegendes Konzept von Neurodiversität ist, dass neurologische Unterschiede keine Störungen oder Defizite darstellen, die uns in “gesund” und “krank” unterteilen. Unterschiede in Konzentrations- und Lernfähigkeit, Stresstoleranz oder emotionale Belastbarkeit sind somit vielmehr Ausdruck der natürlichen Variation des menschlichen Gehirns. Diese Variationen können eine breite Palette von Fähigkeiten, Stärken und Perspektiven mit sich bringen, die von unschätzbarem Wert für die Arbeitswelt sind.

Vorteile für Unternehmen

Die Bedeutung für die Arbeitswelt wird von Early Adopters zunehmend erkannt: Unternehmen sehen die Vorteile einer vielfältigen Belegschaft und suchen aktiv nach Möglichkeiten, neurodivergente Talente einzubeziehen. Beispielsweise können Menschen mit Autismus oft herausragende Fähigkeiten in Bereichen wie Mustererkennung, Datenanalyse, und kreativem Problemlösen aufweisen. Unternehmen wie SAP und Microsoft haben HR Programme entwickelt, um neurodivergente Personen einzustellen und einzubeziehen – und profitiert: Es förderte nicht nur die Vielfalt am Arbeitsplatz, sondern verbesserte auch die Leistung und Innovation der Teams. 

“‘Aber was bringt Neurodiversität im Unternehmen denn konkret?”, höre ich oft von Führungskräften, die zum ersten Mal über den Begriff stolpern. Höchste Zeit also darzulegen, warum die Diversity Strategie um den Faktor Neurodiversität erweitert werden sollte.

Vom Wohlfühlfaktor zum Wachstumsziel

Unternehmen, die eine inklusive Kultur fördern und die Fähigkeiten und Beiträge aller Mitarbeiter*innen wertschätzen, schaffen eine Umgebung, in der sich alle gesehen fühlen. 

Die Sensibilisierung für Neurodiversität trägt dazu bei, Vorurteile und Stigmatisierung abzubauen. Indem wir die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen wertschätzen, schaffen wir ein Teamgefüge, das auf gegenseitigem Respekt basiert. Nach Vorträgen kommen immer wieder Menschen auf mich zu und sagen, “gut, dass darüber endlich gesprochen wird!”.

Denn während die ADHS Diagnose von Freund*innen und Familie in der Regel gut aufgefasst wird, besteht in vielen Fällen Angst vor einem “Outing” am Arbeitsplatz: “Was, wenn ich als weniger konzentrations- und leistungsfähig angesehen werde und die nächste Beförderung ausbleibt?”. Das Ansprechen der eigenen kognitiven Bedürfnisse, welche durch Stress und Leistungsdruck verschärft werden können, ist deshalb ein Tabuthema.

Das Setzen auf Neurodiversität ist dabei mehr als nur ein Wohlfühlfaktor: Es kann zu höherer Mitarbeiterbindung und Motivation führen, da die eigene Individualität gewürdigt wird. So ergibt sich eine Win-Win-Situation für alle, die nicht nur die Zufriedenheit der Belegschaft, sondern auch die Leistungsfähigkeit und Performance des Betriebs stärkt.
Unternehmen, die sich für Vielfalt und Inklusion engagieren, haben dabei nicht nur in der internen Kommunikation, sondern auch in der externen Kommunikation Vorteile. Sie stärken durch das Bewerben entsprechender Programme und Maßnahmen ihr Markenimage und positionieren sich als Arbeitgeber, der sich für soziale Verantwortung und Inklusion einsetzt. 

Der Konkurrenz einen Schritt voraus

Das Fördern von Neurodiversität kann damit auch zu einem Wettbewerbsvorteil für Unternehmen und Teams führen. Studien zeigen, dass Unternehmen mit kognitiv vielfältiger Belegschaft kreativere Ideen generieren und in der Lage sind, flexibel auf sich ändernde Märkte zu reagieren, innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und Top-Talente anzuziehen und zu halten. Denn: Je diverser die Gruppe von Menschen, desto besser ist sie in der Lage, sich an Veränderungen anzupassen und Herausforderungen zu bewältigen. 

Die Interaktion mit Menschen, die anders denken und handeln als wir selbst, erweitert zudem unseren Horizont und fördert unser Verständnis für andere Bedürfnisse; das gilt sowohl für Mitarbeitende, als auch für Kund*innen. Denn auch wenn die Belegschaft wenig kognitiv divers sein sollte, die Kund*innen, die tagtäglich mit Produkten der eigenen Marke in Kontakt kommen, sind es ganz sicher. Durch den Austausch von Erfahrungen können wir neue Strategien entdecken, unsere eigenen Annahmen hinterfragen und so bessere Produkte anbieten als die Konkurrenz. 

Teamwork makes the dream work

Neurodiversität bringt unterschiedliche Denkweisen mit, die dazu beitragen können, Probleme auf innovative Weise zu lösen. Ein einzigartiger Zugang zu Informationen kann frische Einsichten und kreative Lösungsansätze bieten, die in traditionellen Denkmustern – welche in vielen Unternehmen nach wie vor vorherrschen  – übersehen werden. Diese Fähigkeiten können in verschiedenen Unternehmensbereichen, von der Softwareentwicklung bis hin zum Qualitätsmanagement, von großem Nutzen sein.

Hewlett Packard konnte zeigen, dass Mitarbeitende mit neurodiversem Hintergrund um bis zu 30 Prozent produktiver zusammen arbeiteten, als Vergleichsgruppen, die weniger divers waren. Ihr unterschiedlicher Erfahrungshintergrund ermöglicht, dass neurodiverse Gruppen verschiedene Lösungsansätze in Erwägung ziehen, die von homogenen Gruppen von vornherein ausgeschlossen werden. 

Aber: Neurodiversität ist keine Einbahnstraße. Während neurodiverse Menschen einzigartige Perspektiven mitbringen, können sie auch auf Hindernisse stoßen, die mit gesellschaftlichen Vorurteilen und unzureichender Unterstützung verbunden sind.
So sollten ihnen z.B. bei einem Vorteil im kreativen Arbeiten nicht automatisch alle Aufgaben im kreativen Bereich zugeteilt werden, denn das würde die Stereotypisierung weiter aufrechterhalten. Mein Tipp: Mit Mitarbeitenden offen sprechen und gemeinsam an Hand der vorhandenen Stärken und Schwächen Arbeitsbereiche festlegen, womit sich jeder wohlfühlt.

Die Kultivierung einer inklusiven Umgebung erfordert daher nicht nur das Nutzen der vielen Vorteile von Vielfalt, sondern auch z.B. die Bereitstellung von Ressourcen und Unterstützungssystemen. Das können flexible Arbeitszeiten, ein individuelles digitales Arbeitsumfeld und Rückzugsmöglichkeiten während der Arbeit sein.

Jeder Mensch bringt mit seinem neurodiversen Profil einzigartige Skills mit sich, die dazu beitragen können, innovative Lösungen zu entwickeln. Dieses Potenzial wird noch von viel zu wenigen Unternehmen gefördert und genutzt, obwohl es für den Unternehmenswachstum essentiell sein kann.

Den Wert des Andersseins als Unternehmen anzunehmen bedeutet aber auch, dass akzeptiert wird, dass nicht nur eine Art zu denken, eine Art zu kommunizieren und eine Art zu arbeiten richtig ist. Ich stelle fest, dass das bei vielen Führungskräften noch auf Vorbehalte stößt. Dabei ist der Gewinn für ein Unternehmen bei weitem größer als die Kosten für einen Perspektivwechsel.

Höchste Zeit, festgefahrene Prozesse und veraltete Strukturen, welche Innovation und Vielfalt behindern, loszulassen, und die Bandbreite an kognitiver Vielfalt der Mitarbeitenden wertzuschätzen.

Zur Autorin:

Dana Pietralla ist Gründerin vom Social-Tech Start-up paged, das Lösungen für mehr digitale Inklusion von neurodiversen Menschen entwickelt. Ihre Forschung im Bereich Cognitive Science an der University of California, Berkeley und der New York University liefert dafür die Grundlage. Dadurch entwickelt paged KI- und IT-Tools, um ein maßgeschneidertes Nutzungserlebnis für Menschen mit unterschiedlichsten kognitiven Bedürfnissen zu bieten – wovon wir alle profitieren! Dana ist auch als internationale Speakerin und Beraterin tätig.

Diverse Teams für eine erfolgreiche Unternehmensführung

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Unternehmen sehen sich großen Herausforderungen gegenüber: Die Geschwindigkeit sämtlicher Industrien und der Grad der Komplexität sind rasant gestiegen, während die Kosten explodieren und der globale Konkurrenzdruck wächst. Ich nehme vielerorts in den Führungsetagen eine gewisse Ratlosigkeit wahr, wie den rasanten Veränderungen zu begegnen ist.

Die Antwort ist zugegebenermaßen nicht einfach und eindimensional, sondern vielschichtig. Doch das Konzept der Diversität zieht sich durch all diese Schichten. Der Grund dafür ist bei den Verursachern des Wandels zu suchen. Lassen Sie uns daher zunächst feststellen, wer diese Verursacher sind.

Die Verursacher des Wandels

Gängige Meinung ist, dass der enorme Fortschritt der technologischen Möglichkeiten für die Veränderungen verantwortlich ist. Doch bei genauem Hinsehen ist die Technologie immer nur der Enabler. Die Verursacher des Wandels und der gestiegenen Notwendigkeit für Diversität sind: wir!

Sie und ich als Kunden und Kundinnen, als Konsumenten und Konsumentinnen. Wir sind es, die wir ständig wachsende Ansprüche haben. 

Wie ich zu diesem Schluss komme, will ich anhand einer kurzen Zeitreise durch die Welt des Einkaufens demonstrieren: In den 1950er-Jahren bedeutete Einkaufen, dass Sie mit Öffnungszeiten, dem eingeschränkten Sortiment eines Ladens und Wartezeiten an der Theke leben mussten. Die Einführung der Supermärkte ab den 1960ern änderte daran nicht viel, außer dass Sie nun an der Kasse statt an der Theke zu warten hatten. Deshalb wandten Sie sich in den 1990ern begeistert dem Online-Shopping zu: Endlich konnten Sie rund um die Uhr und ohne Wartezeit einkaufen, Sie bekamen Ihre Ware sogar an Ihre Türschwelle geliefert. Und heute?

Divers in den Einkaufsoptionen

Einkaufen ist wahrhaft divers geworden, die Möglichkeiten sind noch deutlich vielfältiger und direkter geworden. Produktsuche, Kaufvorgang und Bestellprozesse laufen immer intuitiver. Die Konsument*innen und Kund*innen freuen sich, dass sie von immer mehr Aufgaben, die das Einkaufen früher mühsam gemacht hatten, entlastet werden. Und das Ende der Fahnenstange ist hier noch lange nicht erreicht. So zeigen die chinesischen Vorreiter Shein und Temu gerade auf, was durch eine radikale Optimierung der Angebote durch KI, kombiniert mit vertikaler Integration entlang der Wertschöpfungskette bereits möglich ist.

Es werden also weitere, immer vernetztere und integrierte Einkaufsformen und Vertriebskanäle zu den ohnehin schon zahlreichen Möglichkeiten hinzutreten. Denn die neue Vielfalt und die individuell zugeschnittenen Formen der Absatzkanäle werden die Bedürfnisse der Konsument*innen noch besser erfüllen als die bisherigen Angebote.

Diese Bedürfnisse sind nämlich die nie nachlassenden Treiber des Wandels. Sie verändern sich nicht – in ihrem Mittelpunkt stand und steht das tiefe Bedürfnis nach Convenience, flankiert von den Megatrends Individualisierung und Konnektivität. Das Tempo des Wandels wird daher eher noch zu- als abnehmen. Und mit der Geschwindigkeit wird auch die Komplexität weiter zunehmen …

Divers in der Bearbeitung

Der Grund für die Zunahme der Komplexität ist, dass der beschriebene Fortschritt für die Unternehmen nicht nur einen massiven Zuwachs in der Bearbeitungsbreite in Marketing und Vertrieb mit sich bringt, weil die Zahl der Berührungspunkte mit den Konsument*innen steigt. Gleichzeitig steigt die nötige Bearbeitungstiefe für jeden einzelnen Kanal. Das liegt daran, dass die Aufgaben, die früher die Kund*innen selbst übernehmen mussten, sich nicht in Luft aufgelöst haben. Sie haben sich nur verschoben: Nun müssen die Unternehmen diese Aufgaben in deren Sinne leisten, und das vernetzt über alle Kanäle hinweg.

Diese Leistung können die Unternehmen nur erbringen, wenn sie sich konsequent und nachhaltig mit ihrer gesamten Wertschöpfungskette auf die Kund*innen hin ausrichten. 

Diese neue konsequente Ausrichtung hat Auswirkungen auf alles Denken und Handeln im Unternehmen. Sie muss sich gleichermaßen in der Strategie wie in der Struktur und der Führung wiederfinden. Sie muss schon vom Ansatz her eine neue Diversität beweisen. Meint: Es gilt, eine neue Pace für das ganze System zu finden, zu etablieren und umzusetzen.

Die neue Pace

Meine persönliche Metapher für diese tiefgreifenden Systemveränderung ist eine aus der Welt der Musik, weil ich diese liebe und selbst leidenschaftliche Schlagzeugerin bin. In dem vielschichtigen Wort Pace stecken sowohl die Geschwindigkeit als auch der Takt, der Rhythmus und der Beat. Und das Making verdeutlicht, was für eine anspruchsvolle wie notwendige Aufgabe die Umsetzung dieser neuen Pace ist.

Es bedarf auf allen Ebenen der Einbeziehung unterschiedlicher Betrachtungsweisen – zum Beispiel bei der Gestaltung der Teamstruktur. Ob Teams erfolgreich im Sinne des Unternehmens agieren können oder nicht, darüber entscheiden drei Kriterien: die Diversifizierung in der Anlage, die Diversität in den Teams und schließlich die gute Vernetzung zwischen den Teams.

Divers im Team

Mit den vielen verschiedenen Absatzkanälen, Touchpoints und Interaktionsmöglichkeiten, die ein Unternehmen heute mit seinen Kund*innen und Konsument*innen hat, sind zahlreiche unterschiedliche Erwartungen verbunden. Entsprechend braucht es eine Struktur, mit der sich diese unterschiedlichen Anforderungen fachkundig, spezifisch und individualisiert erfüllen lassen. 

Die Teams der Absatzfunktionen müssen diversifiziert aufgestellt sein, also in ihrer Zusammensetzung den Anforderungen ihres Verantwortungsbereichs angepasst, statt einheitlich über die ganze Unternehmenseinheit hinweg. Das versetzt ein Team in die Lage, sehr genau die Bedürfnisse der Nutzer*innen des einen verantworteten Kanals zu ermitteln sowie die beste Bearbeitungsmöglichkeit zu eruieren und umzusetzen. Gegenüber der althergebrachten Silostruktur hat diese diversifizierte Aufstellung den großen Vorteil, dass die Teams cross-funktional agieren können.

Die Besetzung solcher Teams muss entsprechend der Strategievorgaben gezielt divers ausgestalten werden, denn eine wichtige Eigenschaft der Teams ist, dass sie „end-to-end“-Entscheidungen treffen können. Deshalb wird ein gutes Team in den seltensten Fällen eine funktionshomogene Besatzung haben. Für die Entscheidungsfähigkeit müssen in der Regel unterschiedliche Wertschöpfungsbeiträge, Funktionen und Erfahrungshintergründe, aber natürlich auch diverse demographische Hintergründe zusammenkommen. Fehlt im Team eine Funktion, um die Entscheidungen zu treffen, verliert es seinen eben erst gewonnene Pace gleich wieder: Es muss warten, bis der entsprechende Funktionsträger verfügbar ist.

Dennoch gibt es für die Aufstellung für solche diversen Teams keinen allgemeingültigen Blueprint. Sowohl die Anzahl der Mitarbeitenden als auch die Zusammenstellung der Funktionen kann jeweils variieren. Jedes Team wird von den spezifischen Anforderungen seiner Aufgabe für die Kund*innen gedacht.

Gleichzeitig dürfen sich die Teams nicht voneinander isolieren, da sie ansonsten möglicherweise Potenzial verschenken. Schließlich nutzen die Kund*innen die verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten je nach Kontext und Situation flexibel und individuell. Die Vernetzung der diversifizierten und divers besetzten Teams untereinander ist deshalb die dritte Voraussetzung für die erfolgreiche Teamaufstellung im Sinne von “Making The Pace”. Das sichert auch eine inklusive Kultur. 

Diversität als Hebel

Der Wandel in der Welt zwingt die Unternehmen zu einem radikalen Umdenken. Um nicht abgehängt zu werden, müssen sie sich durch einen tiefgreifenden Systemwechsel in die Lage versetzen, Schritt halten zu können. Das ist es, was ich mit Making the Pace meine. 

Dieser Systemwechsel erfordert eine Neujustierung auf vielen verschiedenen Ebenen, und erst im Zusammenklang aller Anpassungen lässt sich dessen Potenzial voll ausschöpfen. Doch vor dem Hintergrund der noch nie da gewesenen Vielfalt in Bearbeitungsbreite und Bearbeitungstiefe ist Diversität in der Organisation, in den Teams und in der Kultur mit Sicherheit einer der wirkungsvollsten Hebel, um ein Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen.

Über die Autorin:

Fiona Liebehenz leitet seit einigen Jahren cross-funktionale Geschäftsbereiche, zunächst für Unilever, Amazon und Bosch, seit Dezember 2023 als globaler » Vice President Processing Key Components, Plant Solutions & Channel Management« für Tetra Pak in Schweden. Die studierte Betriebswirtin und Wirtschaftspsychologin hat parallel in der Praxis Vertrieb, Marketing und Handel von der Pike auf gelernt und anschließend kontinuierlich weitere Funktionsbereiche hinzugenommen. Zudem ist sie Autorin. Ihr Buch »Making the Pace: 15 Prinzipien erfolgreicher Unternehmensführung in einer komplexen Welt« erscheint im März 2024 beim Vahlen-Verlag (ISBN: 978-3-8006-7334-6).

Mission Female GmbH

Mission Female bietet erfolgreichen Frauen ein exklusives Netzwerk von Vertrauen und Austausch auf Augenhöhe und stärkt sie aktiv bei ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung. Dabei engagiert sich das 2019 von Frederike Probert gegründete Business-Netzwerk aktiv für mehr Female Power in Wirtschaft, Gesellschaft, Medien, Kultur, Sport und Politik und vereint erfolgreiche Frauen branchenübergreifend auf höchster Ebene mit einem Ziel: Gemeinsam beruflich noch weiter voranzukommen. Immer persönlich, vertraulich und verbindlich ganz nach dem Motto #strongertogether.

https://www.missionfemale.com/ 

Weitere Artikel aus der Serie:

Inklusive Sprache in Markenbotschaften – No-Go oder Pflicht?

Hot Friday!? I am in!

 

 

Mehr als ein Platz am Tisch

Viel zu oft wird Vielfalt vor allem auf sechs großen Themen reduziert: Geschlecht, Religion (Weltanschauung), Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung und Kultur. Diversity Management ist eines der wichtigsten Schlagworte zeitgemäßer Unternehmenskulturen geworden, dessen Potenzial in vielerlei Hinsicht brach liegt und unterschätzt wird.

Diversität ist Alltag und prägt unsere Gesellschaft – ist das Produkt nicht divers, ist es marktwirtschaftlich nicht sinnvoll, weil es die Gesamtheit der Kund*innen nicht abbildet. Aber wie schafft man sich einen echten Zugang zu den feinen Unterschieden jenseits von Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung oder Alter?

„Ich zucke zusammen, wenn ich Worte wie Vielfalt und Integration höre.” Dieser Satz stammt von der Bürgerrechtlerin, Philosophin und Schriftstellerin Angela Davis. Menschen sind zahlreich auf die Straßen gegangen, um gegen institutionellen und strukturellen Rassismus zu demonstrieren. Zeitungen haben sich dem Thema verschrieben, große Institutionen geloben Verbesserung, es werden massenhaft Diversity- und Inclusion Workshops abgehalten, und es gibt unzählige Diskussion zu dem Thema. Die Wahrheit ist aber, dass es mehr braucht als Phrasen und ein paar Workshops, um gesellschaftliche Veränderung herbeizuführen und sie zu etablieren.

Eva Beresin entdeckt von der Galerie Miryam Charim (Foto) – nun neu in der Sammlung der Albertina Modern, wo ihre Arbeiten ab April 2024 in der Ausstellung „Thick Air“ zu sehen sind.

Kunst als Möglichkeitsraum

Auch, wenn lange nicht alle Gruppen der Bevölkerung gleichermaßen Zugang zu Kultur und deren Häusern haben und in vielen Institutionen Diversity weder in den Programmen noch im Personal, im Publikum oder in der Öffentlichkeitsarbeit gelebt wird, erschließt sich hier doch ein Möglichkeitsraum der Toleranz, Entfaltung, Neugierde und des unvoreingenommenen Miteinanders – mitunter sind diese Faktoren auch ein maßgeblicher Impuls der künstlerischen Praxis.

Doch auch in diesem Milieu braucht es viel Haltungsänderung und kritisches Hinterfragen, unter anderem, welche Rolle „weiße“, tradierte Entscheidungsträger*innen in der Aufrechterhaltung des Systems spielen. Was es dringend benötigt, um Veränderung in der Kunst- und Kulturlandschaft zu etablieren? Etwa den Abbau von Zugangsbarrieren in bestehenden Strukturen, in Programmen und Verfahren der Kulturförderung. Förderung und Sichtbarmachung unterrepräsentierter Künstler*innen – deren Werk und Potenzial. Räume, Sichtbarkeit und Empowerment unter Berücksichtigung der fünf „Ps“: Publikum, Personal, Programm und Partner.

Das MOMA in New York, immerhin das mächtigste Museum der Welt, kann an dieser Stelle als Role Model angeführt werden. Nach seinem Umbau im Jahr 2019 sorgte es mit einer vieldiskutierten Neuausrichtung für Rumor in der gesamten Kunstwelt. Jahrzehntelang den westlichen Kunstkanon bestimmend, wird hier plötzlich ganz viel Kunst von Inder*innen, Lateinamerikaner*innen, People of Color und vor allem von Frauen gezeigt.

Erste Schritte in diese Richtung geht auch die Albertina Modern mit „The Beauty of Diversity“, einer umfangreichen Museumsschau im Frühjahr 2024, und dem Bewusstsein, dass die Albertina über fast drei Jahrhunderte hindurch ausschließlich Werke von weißen Männern gekauft, gesammelt und ausgestellt hat: von Leonardo, Michelangelo undRaffael über Dürer, Rembrandt und Rubens bis Goya, Caspar David Friedrich, Cézanne, Picasso, Schiele, Warhol und Klimt. Das Bild, das die historischen Sammlungen der Albertina prägt, ist ein zutiefst einseitiges. Das 21. Jahrhundert hat den traditionellen Kanon in Schieflage gebracht, einerseits durch die Globalisierung, vor allem aber durch die Gleichberechtigung von zuvor diskriminierten Gruppen.

Verbindung über Grenzen

Mit der Erweiterung und bewussten Diversifizierung musealer Sammlungen geht demnach auch der unbedingte Anspruch nach Gleichberechtigung und der Veränderung des Status quo einher. Die Vielfalt künstlerischer Herangehens- und Ausdrucksweisen, die stilistischen sowie inhaltlichen Zugänge und Perspektiven stellen nicht nur eine Erweiterung, sondern vor allem eine Bereicherung des kunsthistorischen Kanons dar und sollen so auch das Publikum zum Nachdenken, Neudenken und zur Horizonterweiterung anregen. Mit diesem kuratorischen Anspruch werden in der Albertina Modern klare Zeichen gesetzt. Eine Ausstellung, die sowohl die Vielfalt der Identitäten und Kunstformen als auch der Materialien und Geschlechter in den Fokus rückt und auch ein Augenmerk auf Außenseiter*innen und bislang wenig beleuchteten Positionen legt.

Auch die Kunstmesse viennacontemporary setzte sich in ihrer letzten Ausgabe
mit der Frage auseinander, wie Kunst Menschen über Grenzen und Staatsbürgerschaften hinweg miteinander verbindet und speziell dort als Sprachrohr und Ermächtigungsmittel dient, wo Menschen keine politische Macht haben. In einer Sonderausstellung und einer international besetzten Diskussionsreihe wurde Kunst von geflüchteten, migrierenden, zwischen den Kulturen stehenden oder temporär ansässigen Personen eine Bühne geboten.

„Kunst ist international, grenzenlos, dauerhaft nomadisch und aktivistisch. Sie hat eine unvergleichliche Macht, Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt zusammenzubringen“, sagt Yana Barinova, die bis zum Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine Direktorin der Kulturabteilung von Kiew war und 2022 nach Wien flüchten musste, wo sie das Projekt bei der viennacontemporary initiierte und leitete. „Oft ist Kunst die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Nationen, selbst wenn wir in anderen Bereichen unterschiedlicher Meinung sind“, so Barinova, die mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung auch Sprecherin beim Europäischen Forum Alpbach 2023 war.

Diese Art von Kunstprojekten und Ausstellungen sind unter anderem deshalb so bedeutsam, weil sie nicht nur People of Color, Flinta-Personen oder Außenseiter ins Zentrum rücken, sondern alle, die es gewohnt sind, Räume zu betreten, in denen sie selbst die Objekte, aber selten die Künstler*innen oder Kurator*innen sind. Räume, in denen sich viele Menschen nicht willkommen fühlen oder schlicht nicht vorkommen.


Künster*innen mit eigenem Zugang zu Diversität

Jakob Lena Knebl & Ashley Hans Scheirl

Die Künstler*innen treten in einen Dialog miteinander, der auf der Vorsilbe „trans“
basiert: transmedium, transgenre, transmateriality, transcontext – ein spielerischer Austausch zwischen zeitgenössischem Schaffen und der Geschichte von Kunst und Design, der die Idee der Identität als Ganzes dekonstruiert: vom Manierismus zum Surrealismus, von der dunklen Romantik zum Biomorphismus und von der Moderne zur Postmoderne, die sich auf eine Zukunft der kybernetischen Existenz öffnet. Einer breiteren Öffentlichkeit wurden sie bekannt durch ihre Ausstellung im Österreich-Pavillon bei der Biennale in Venedig 2022 (aktuelle Ausstellung im Palais de Tokyo).

Eva Beresin

Österreichische Künstlerin, deren Figurenrepertoire sich aus der grotesken Malerei speist. Ihre Arbeiten wurden jüngst von der Albertina Modern erworben.

Alexandre Diop

Franco-senegalesischer Künstler, der in Assemblagen die ästhetischen Traditionen von Expressionismus, Dadaismus und Graffiti Art verbindet und in Österreich lebt. Auch von ihm erwarb die Albertina eine Arbeit.

Soli Kiani

In Österreich lebende Künstlerin aus dem Iran – politisch feministische Künstlerin. Ihre Arbeiten sind aktuell im Künstlerhaus „Systemrelevant“ zu besichtigen.

Samira Homayouni
Junge Künstlerin aus dem Iran, in Österreich lebend, gerade eine Ausstellung im STRABAG Forum.

Belinda Kazeem-Kaminski

Female/ people of color, gerade mit dem Otto-Mauer-Preis 2023 ausgezeichnet.

Anouk Lamm Anouk

Queer / Lesbian Identity – ihre Arbeiten drehen sich um dieses Thema und sind längst international gefragt.

Michaela Schwarz-Weismann

Österreichische Künstlerin mit hohem feministischem Anliegen. Zuletzt waren ihre Arbeiten in der Villa Mauthner mit einer Einzelausstellung zu sehen.

Kennedy Yanko

Female / people of color. Internationaler Shooting Star. Arbeiten werden bei der „The Beauty of Diversity“-Schau im Februar 2024 (Albertina) zu sehen sein.

Lilli Reynaud Dewar

Französische Performance & Installationskünstlerin – derzeit auch mit einer großen Ausstellung im Palais de Tokyo.

Voices 4 Diversity 2024 – LGBTQ*

Nasila Berangy-Dadgar (Ö)

ÖAMTC: Leitung Diversitätsmanagement und Personalservice

Mitarbeiter*innen: 4.244

„Unsere Inklusive Sprache zeigt, dass es zum Beispiel mehr als Mann und Frau gibt. Und wir sprechen alle Menschen gleichwertig an. Letztlich beeinflusst Sprache unser Denken und Handeln.“

LinkedIn Profil von Nasila Berangy-Dadgar

Elisabeth Blaschke (Ö)

Magenta Telekom: Pressesprecherin

Mitarbeiter*innen 2.200

„Magenta hat eine eigene LQBTQIA+-Community auf YAM (unserem Social Intranet) mit
mehr als 100 Mitgliederinnen und Mitgliedern, die sich für mehr Diversität und Vielfalt einsetzen.“

LinkedIn Profil von Elisabeth Blaschke

Maria Kirschner (Ö)

Kyndryl: Vice President, General Manager Kyndryl Alps

Unsere Kyndryl Inclusion Networks (KINs) sind vom Unternehmen gesponserte und von Mitarbeiter:innen geleitete Ressourcengruppen, die unterstützen und beraten. Dazu gehören: Frauen, LGBTQ+, True Ability (Menschen mit Behinderung/Neurodiversität), BeKIN, People of Color sowie Menschen der indigenen Bevölkerung.

LinkedIn Profil von Maria Kirschner

Rosemarie König (Ö)

EY Österreich (Ernst & Young): Partner Wirtschaftsprüfung

Mitarbeiter*innen: 1.400

EY setzt sich für LGBT+ Diversität ein. Das interne Netzwerk UNITY bringt Kolleg:innen, die sich der LGBT+-Community zugehörig fühlen und ihre Unterstützer:innen, die EY-LGBT+ Allies, zusammen und sorgt für mehr Sichtbarkeit innerhalb des Unternehmens.

LinkedIn Profil von Rosemarie König

Maciej Tadeusz Palucki (Ö)

Universität für Bodenkultur – BOKU: Diversity Manager

Mitarbeiter*innen: 3.000

„Die BOKU hat sich mit dem Bekenntnis zur Implementierung einer ganzheitlichen Diversitätsstrategie das Ziel gesetzt, die Uni mit nachhaltigen Maßnahmen chancengerechter, inklusiver und vielfältiger zu gestalten. Die Zukunftsthemen soziale Nachhaltigkeit und Diversität sollen noch stärker auf drei Ebenen miteinander verschränkt werden: auf Prozess-, Struktur und Kulturebene. Unter Sustainable Diversity ist die Verwebung der beiden zentralen Zukunftsthemen zu verstehen: nachhaltig, ganzheitlich, langfristig gedacht und ressourcenintensiv, aber auch hinsichtlich der Stärkung der sozialen Dimension von Nachhaltigkeit.“

LinkedIn Profil von Maciej Tadeusz Palucki

Nicole Prieller (Ö)

PwC Österreich: Geschäftsführung, Digital & Customer Transformation

Mitarbeiter*innen: 1.417

„Unser internes Shine-Netzwerk setzt sich für ein Arbeitsumfeld ein, in dem alle Mitarbeiter:innen sie selbst sein können und ihre Identität nicht verstecken müssen.“

LinkedIn Profil von Nicole Prieller

Marion Raninger (Ö)

EY Österreich (Ernst & Young): Partner Wirtschaftsprüfung

Mitarbeiter*innen: 1.400

EY setzt sich für LGBT+ Diversität ein. Das interne Netzwerk UNITY bringt Kolleg:innen, die sich der LGBT+-Community zugehörig fühlen und ihre Unterstützer:innen, die EY-LGBT+ Allies, zusammen und sorgt für mehr Sichtbarkeit innerhalb des Unternehmens.

LinkedIn Profil von Marion Raninger

Martina Ryda (Ö)

Allianz Elementar Versicherungs-AG: People & Culture / Attraction and Empowerment

Mitarbeiter*innen: 2.500

Bei der Allianz arbeiten Menschen aus 40 Nationen. Chancengleichheit und Inklusion stehen im Fokus. Initiativen existieren für LGBTQIA+ (Netzwerk Allianz Pride) und Geschlechtergerechtigkeit mit Allianz NEO.

LinkedIn Profil von Martina Ryda

Susanne Stein-Pressl (Ö)

MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH: Geschäfsführende Gesellschaferin

Mitarbeiter*innen: 170

„Uns ist ein etabliertes Diversitätsmanagement natürlich in allen genannten Bereichen wichtig, wozu wir uns als Unternehmen auch ausdrücklich in unserem öffentlich einsehbaren Verhaltenskodex verpflichtet haben. In den letzten beiden Jahren haben wir besondere
Schwerpunkte in den Bereichen LGBTQIA+ und Age gesetzt und dazu auch spezielle Führungskräftetrainings durchgeführt, wie Diversity-Workshops zum Thema „Unconscious Bias“. Diverse Teams verfügen über eine höhere Problemlösungskompetenz und insgesamt höhere Kreativität, was sich in größerem Erfolg für uns alle niederschlägt.“

LinkedIn Profil von Susanne Stein-Pressl

Sonja Stessl (Ö)

Wiener Städtische: Generaldirektor-Stellvertreterin

Mitarbeiter*innen: 4.000

„Wir haben 2019 die Employee Resource Group „all colours“ für LGBTIQ employees & straight allies ins Leben gerufen. Das Unternehmen bekennt sich ganz klar zum Thema Vielfalt.“

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Sonja Wallner (Ö)

A1 Telekom Austria AG: CFO

Mitarbeiter*innen: 6.800

Bring your whole self to work! ist die Mission des A1 LGBT+ Networks. Die Aktivitäten reichen von Posts in sozialen Netzwerken bis zu Events, bei denen mit interessanten Persönlichkeiten zu LGBT+ Themen am Arbeitsplatz diskutiert wird.

LinkedIn Profil von Sonja Wallner

Anita Widmann (Ö)

Sanofi-Aventis GmbH: Head of People & Culture Sanofi Österreich

Mitarbeiter*innen: 150

„Unsere Mitarbeiter*innen in Österreich kommen aus 16 Nationen und unsere All-in Initiative gibt unseren LGBTQI+-Kolleg*innen eine starke Stimme.“

LinkedIn Profil von Anita Widmann

Volker Wind (D)

Deutsche Bank AG: Sales Director Liquidity Management and Payment Services Sprecher dbPride Germany

Mitarbeiter*innen: 220.000 (weltweit)

Laut sein, sich für Minderheiten einsetzen – das möchte Volker Wind mit dem globalen LGBTIQ+ Mitarbeitenden-Netzwerk #dbPride. „Wir wollen unsere Bank zu einem Ort machen, an dem sich jeder willkommen, respektiert und gehört fühlt. Wir ermutigen jede*n, ein authentisches Ich in die Arbeit einzubringen.”

LinkedIn Profil von Volker Wind

Weitere Artikel aus der Serie:

Voices 4 Diversity 2024 – Behinderung

Voices 4 Diversity 2024 – Alter

“Mehr Bewusstsein kam mit meinen Kindern”

Zwei Töchter und ein Sohn – als das Gespräch mit Sebastian Kroth nach gut einer Viertelstunde auf seine Kinder kommt, gerät er ins Schwärmen: „Sie sind der Grund, warum ich darüber nachgedacht habe, was ich wirklich mit meiner Zeit anfangen möchte.“

Ursprünglich als Fußballprofi ins Berufsleben gestartet, absolvierte der gebürtige Rheinländer ein Trainee-Programm bei Coca-Cola. Junior Brand Manager, Senior Brand Manager, Brand Manager, Brand Director – Schritt für Schritt ging es nach oben, bis Sebastian Kroth sich fragte, ob er das, was er aktuell tut, für immer tun möchte. „Mein Verantwortungsbewusstsein hat sich mit den Kindern gesteigert – es war ein Entwicklungsprozess“, erzählt er.

Wohl unvermeidlich dabei: Die Entscheidung, nach der Festanstellung bei der Coca-Cola Company neue Wege zu gehen. Wie die inzwischen aussehen? Als Chief Marketing Officer (CMO) verantwortet er das Marketing bei Alrighty, einer Marke, die die Kaffeewelt fairer und nachhaltiger machen möchte, sowie bei Funq‘, einem Hersteller von zuckerarmem Sirup in Tetra-Paks. Eine ganz besondere und spannende Kombination.

Jane Godall ist Botschafterin

Seine Entscheidung bereut Sebastian Kroth bis heute nicht. Bei Alrighty arbeitet er Seite an Seite mit Volker Meyer-Lücke und Daniel Rizzotti, beide ausgewiesene Kaffee-Experten und viele Jahre lang für den Kaffee-Hersteller Dallmayr in München tätig. Zwölf Mitarbeiter*innen sind für das Unternehmen am Standort München tätig, im Werksviertel wurde eigens dafür eine Kaffeerösterei gebaut. Fußballtorwart Manuel Neuer ist Gesellschafter, Umweltaktivistin Jane Godall ist Botschafterin.

Aktuell werden über 50 Prozent der Kaffeebohnen bei Alrighty von frauengeführten Farmen bezogen. „Die Haltung und enorme Expertise von Volker Meyer-Lücke und Daniel Rizzotti und wie sie an das Projekt herangegangen sind, haben mich überzeugt“, sagt Sebastian Kroth. „Ich wollte von Grund auf ein Unternehmen aufbauen, das Gutes tut und Impact schafft.“ Das gelingt, indem Alrighty die Probleme beim Thema Kaffee an der Wurzel packt.

Alrighty arbeitet nach der eigens entwickelten „Caretrade“-Philosophie. Das Unternehmen bezieht Kaffeebohnen ausschließlich von Farmer*innen, die entweder jung, weiblich oder aus Afrika sind. Diese sind laut den Gründern diejenigen, die bislang in der Kaffeeindustrie zu wenige Chancen erhalten. Sie wollen so die Vielfalt im Kaffee schützen.

„Es ist ein Stück Hilfe zur Selbsthilfe mit großer Wirkung für die Frauen vor Ort: Sie können ihre Familien besser versorgen.“

Ein Beispiel: „La Morena“, eine Kaffeefarm in Kolumbien, in der Frauen in der Verantwortung sind. Während Farmerinnen üblicherweise vor allem die Rolle des Kirschenpflückens zukommt, werden die aktuell 100 Mitarbeiterinnen in „La Morena“ in Betriebswirtschaft, Einkauf, Verkauf, Farmmethoden und Co. geschult. „Indem wir die Produktivität und Anbaumethoden langfristig besser gestalten, erhöhen wir das Einkommen vor Ort“, erklärt Sebastian Kroth.

Selbst eine einfache Veränderung, zum Beispiel, wie man die Kaffeepflanzen beschneidet, erhöhe den Ertrag. „Es ist ein Stück Hilfe zur Selbsthilfe mit großer Wirkung für die Frauen vor Ort: Sie können ihre Familien besser versorgen und die Kinder in Schulen schicken. Die Basis von allem ist für uns hochqualitativer Kaffee – nachhaltig und fair produziert.“

Kaffee – fair und nachhaltig, das wollen die Gründer von „Alrighty“ Volker Meyer-Lücke, Sebastian Kroth und Daniel Rizzotti.

Synergien, die ihn bereichern

Was Sebastian Kroth an seiner täglichen Arbeit bei Alrighty und Funq‘ besonders schätzt: „Erfahrungen in beiden Unternehmen zu machen und diese auf das jeweils andere Projekt zu übertragen. Ich lerne auf beiden Seiten, das finde ich eine sehr gute Konstellation. Die Synergien, die entstehen, bereichern mich.“

Auch Sebastian Kroths Vater ist selbstständig. Ein Unternehmer-Gen, das da ohnehin schon immer in ihm schlummerte? „Nicht unbedingt“, sagt Sebastian Kroth. „Bei mir war es vielmehr der Mut, nach vorne zu gehen. Auch im Corporate-Umfeld habe ich das getan. Das führte auch dazu, warum ich bei Coca-Cola überhaupt Karriere machen konnte. In die Selbstständigkeit zu gehen, war für mich dennoch ein großer Schritt. Ich bin keine One-Man-Show. Ich war immer ein Teamplayer – alleine zu gründen, kam für mich daher nie in Frage. Umso besser, dass ich nicht nur bei Alrighty mit tollen Kolleg*innen zusammenarbeite, sondern Funq‘ gemeinsam mit Fabian und Michael aufbauen kann.“ Fabian Roschig und Michael Schwarz waren Sebastians Kollegen bei Coca-Cola – auch bei Funq‘ hat er zwei Top-Experten der Branche an seiner Seite.

 

Einer für alle, alle für einen: (v.l.) Fabian Roschig, Michael Schwarz, Sebastian Kroth von Funq’.

FC Viktoria 1889 Berlin

… ist ein weiteres Invest von Sebastian Kroth. FC Viktoria 1889 Berlin ist ein Fußball-Regionalliga-Frauenteam, das in die 1. Bundesliga aufsteigen möchte. Sebastian Kroth ist in prominenter Gesellschaft: Unternehmerin Verena Pausder gilt als Gesicht der Investor*innen. Persönlichkeiten wie Franziska van Almsick, Dunja Hayali, Carolin Kebekus und der Gründer der Werbeagentur Jung von Matt, Jean-Remy von Matt, haben ebenfalls investiert. Im August kamen 94 neue Unterstützer*innen hinzu und brachten 1,2 Millionen Euro. Insgesamt zählt der Club 181 Förderer und Förderinnen, über 70 Prozent sind Frauen. Sebastian Kroth sagt als ehemaliger Fußballprofi: „Viktoria ist ein Herzensprojekt von mir. Ich fand die Idee von Anfang an spannend. Am meisten fesselt mich, dass Expert*innen dabei sind. Unabhängig vom fußballerischen Erfolg hat Viktoria sehr viel Strahlkraft und einen Role-Model-Charakter außerhalb des Sports.“

„Oft erst über einen längeren Zeitraum sichtbar“

60 Prozent der Österreicher*innen befürworten Diversität am Arbeitsplatz, wie profitieren Start-ups davon?

Kambis Kohansal Vajargah: Österreichs Arbeitsplätze werden immer bunter, und die breite Unterstützung dafür ist ein wichtiges Signal an Start-ups. Der Nutzen aus einem diversen Arbeitsumfeld ist vielschichtig. Diversität fördert kreative Ideen und Innovation. Verschiedene Perspektiven und Hintergründe bringen unterschiedliche Denkweisen mit sich, was zu innovativen Lösungen und Produkten führt. Vielfalt verbessert ebenso die Außenwirkung eines Start-ups; Kunden und Partner schätzen das gleichermaßen. Zusammengefasst können Start-ups durch die Förderung von Diversität am Arbeitsplatz von einem breiteren Ideenspektrum, einer positiven Unternehmenskultur und einer gestärkten externen Wahrnehmung profitieren.

Hängt dies eventuell damit zusammen, dass viele ohnedies bereits Diversität am Arbeitsplatz haben, diese aber nicht als solche wahrnehmen, weil es in österreichischen KMUs einfach „normal“ ist, mit Kolleg*innen unterschiedlicher Wurzeln und Ausprägungen zusammenzuarbeiten?

In vielen österreichischen KMUs gibt es bereits Diversität, aber sie wird vielleicht nicht
immer gleich als solche wahrgenommen oder so gelabelt. Insbesondere bei Start-ups und im Tech-Umfeld haben viele Unternehmen erkannt, dass eine vielfältige Belegschaft nicht nur moralisch richtig ist, sondern auch zu besseren Geschäftsergebnissen führen kann. Kulturelle Vielfalt führt zu unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven – um Innovation voranzutreiben und um eine inklusive Unternehmenskultur aufzubauen, in der alle Mitarbeitenden ihr volles Potenzial entfalten können.

Könnten die ESG-Regelungen, die zwar vorerst nur größere Unternehmen betreffen, aber doch eine gewisse Sogwirkung haben, daran etwas ändern?

ESG-Regelungen könnten sicherlich eine Sogwirkung haben und Unternehmen dazu anregen, DEI-Maßnahmen zu implementieren. Die zunehmende Bedeutung von ESG-Kriterien zeigt, dass Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung setzen, langfristig erfolgreicher sein können. Es wird interessant, zu sehen, wie sich die kommende EU-Taxonomie auf die KMU-Landschaft auswirkt. Jedenfalls sollten sich alle Unternehmen mit dem Thema beschäftigen, und vor allem Start-ups können hier wiederum eine „First Mover“-Rolle einnehmen.

Auch die „DEInow!“-Initiative soll dazu beitragen, das österreichische KMUs ein besseres Bewusstsein für DEI-Strategien entwickeln. Gibt es schon konkrete Maßnahmen?

Mit DEInow! wurde Österreichs erstes Forschungsprojekt zu Diversity, Equity & Inclusion in KMUs ins Leben gerufen. Initiatoren sind CommonGround und WOMENTOR, die Wirtschaftskammer Österreich ist mit an Bord, und gefördert wird die Umsetzung durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Der Fokus von DEInow! basiert auf der Erforschung nachhaltiger und zielgerichteter DEI-Strategien für österreichische KMUs, die in langfristigen Unternehmenszielen verankert werden können. Und es gilt, herauszufinden, wie Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion in diesen KMUs optimal gefördert werden können. Darauf aufbauend können konkrete Maßnahmen geschaffen werden – etwa Schulungen für Unternehmen, Ressourcen für die Umsetzung von DEI Strategien und die Förderung des Bewusstseins für die Vorteile von Diversität am Arbeitsplatz. Die Initiative ist damit ein vielversprechender Schritt.

Kann man schon von konkreten Erfolgen berichten?

Wir wissen, dass die Initiative jetzt schon dazu beiträgt, das Bewusstsein für DEI-Strategien in österreichischen KMUs zu schärfen und konkrete Maßnahmen umzusetzen. Einige der erkennbaren Erfolge sind erhöhte Sensibilisierung, Schaffung von Netzwerken und die Förderung von Best Practices. Nachhaltige Auswirkungen von DEI-Initiativen werden oft erst über einen längeren Zeitraum sichtbar. Eine inklusive Kultur trägt dazu bei, eine positive Arbeitsumgebung zu schaffen und das Potenzial aller Mitarbeiter*innen voll auszuschöpfen. Um Vielfalt in der Belegschaft zu fördern, ist es wichtig, über traditionelle Kanäle hinauszuschauen und aktiv nach Kandidat*innen aus unterrepräsentierten Gruppen zu suchen.

Was bedeutet DEI und was sind klassische DEI-Maßnahmen?

„DEI“ steht für Diversity, Equity und Inclusion und wird auf Deutsch mit „Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion“ übersetzt. Klassische DEI-Maßnahmen konzentrieren sich darauf, erfolgsrelevante Aspekte von Vielfalt in Unternehmen zu ermitteln und konkret zu benennen sowie den Nutzen von unterschiedlichen Kompetenzen, Charakteristiken, Haltungen und kulturellen Hintergründen zu erschließen.

Was sind ESG-Regulatorien und für wen gelten sie?

Bei den ESG-Regulatorien geht es um die betrieblichen Standards betreffend Umwelt, Soziales sowie die Unternehmensführung. „E“ steht für „Environment“, „S“ für „Social“ und „G“ für „Governance“. Wie diese Kriterien künftig verankert werden müssen, ist in der EU-Taxonomie-Verordnung nachzulesen (Zusammenfassung: www.wko.at/finanzierung/eu-taxonomie-verordnung-eutax). Das Hauptaugenmerk liegt auf sechs Umweltzielen, bei denen zu mindestens einem ein wesentlicher Beitrag zu leisten ist; die restlichen fünf dürfen nicht beeinträchtigt werden. Zur Sicherstellung dieser Vorgehensweise dienen technische Prüfkriterien, die an Nachweise geknüpft sind. Darüber hinaus müssen die nach EU-Gesetz gängigen sozialen Mindestanforderungen erfüllt werden. Von der Taxonomie-Verordnung betroffen sind ab 1. Jänner 2024 große Kapitalgesellschaften, Unternehmen von öffentlichem Interesse, Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, mehr als 20 Mio. Euro Bilanzsumme oder mehr als 40 Mio. Euro Umsatz. Ab 1. Jänner 2026 schlägt sich das Regelwerk auch auf KMUs nieder.

“Vielfalt ist besser als Einfalt”

Laut einer dieser Tage publizierten Studie, die Ketchum in Kooperation mit weconomy zum Thema „Allyship“ durchgeführt hat, würden 52 Prozent aller Männer einschreiten, wenn ein Mitarbeiter in Anwesenheit einer weiblichen Kollegin einen sexistischen Witz macht. Ist das eine gute oder eine schlechte Zahl?

Manisha Joshi: Für mich ist dies eine schockierende Zahl. Und es wird noch dramatischer: Denn, wenn keine weibliche Kollegin anwesend ist, sind laut unserer Umfrage nur mehr 29 Prozent bereit, einzuschreiten. Ich wünsche mir mehr Mut zur Unterstützung und Solidarität, nicht nur von unseren männlichen Kollegen – sondern von allen. Gleichberechtigung und Fairness am Arbeitsplatz geht uns alle etwas an und ist nicht lediglich ein „Frauenthema“.

Kuntal Baveja: Gleichzeitig zeigt die Zahl von 52 Prozent der Männer, die bei sexistischen Witzen einschreiten würden, dass das Bewusstsein vorhanden ist, aber auch, dass es noch viel Raum für Verbesserungen gibt. Eine ideale Zahl wäre nahe 100 Prozent, was darauf hindeutet, dass Verbündete und Peer-Unterstützung weit verbreitet sind.

Sonja Wehsely: Jeder Mann, der am Arbeitsplatz einen sexistischen Witz gegen eine Kollegin toleriert, ist einer zu viel. Als Mann muss ich verstehen, dass ich eine aktive Rolle bei der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz habe. Ein „Male Ally“ ist nicht einfach jemand, der hinterher sagt: „Das war jetzt echt nicht ok.“ Er hat den Mut, in die Selbstreflexion zu gehen, eigene Denkmuster und Verhaltensweisen zu hinterfragen und bezieht rechtzeitig Stellung. Er hat auch den Mut, als Zeuge eines sexistischen Witzes Partei zu ergreifen, aufzuklären und den Bias im Verhalten des Kollegen anzusprechen. Und: Er hat den Mut, sich in Programmen zur Gleichstellung der Geschlechter zu engagieren, als Coach, Mentor oder Sponsor aktiv zu werden.

„Jeder Mann, der am Arbeitsplatz einen sexistischen Witz gegen eine Kollegin toleriert, ist einer zu viel.“

Sonja Wehsely

In derselben Studie gaben 60 Prozent der Befragten an, dass es an ihrem Arbeitsplatz Initiativen gibt, um auf Gleichberechtigung aufmerksam zu machen. Dennoch kommt das Thema nur schleppend voran. Die häufigsten Ursachen?

Kuntal Baveja: Wir brauchen eine entsprechende Unternehmenskultur, die es ermöglicht, solche Bewusstseinskampagnen auch zu leben. Bei Novartis haben wir hierfür auch einen anonymen Raum mit dem sogenannten „Speak up“-Programm zur Verfügung. Dieses Programm ermöglicht es allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Fehlverhalten aufzuzeigen, denn manchmal ist es schwierig, ein ungebührendes Verhalten zu adressieren, wenn es zum Beispiel die eigene Führungskraft betrifft. Das Tool ist das eine – und die entsprechende Bearbeitung solcher Fälle und die transparente Kommunikation über Konsequenzen für denjenigen der sich falsch verhalten hat, ist ein zweiter wesentlicher Faktor.

Sonja Wehsely: Auf dem Weg zur Gleichberechtigung reichen „softe“ Angebote und Einladungen oft nicht. Bei Siemens Healthineers haben wir zum Beispiel eine Quote für den Frauenanteil im Senior Management festgelegt, verpflichtende Unconscious-Bias-Trainings für Führungskräfte und auch klare Regeln zur Sicherstellung von Geschlechtergerechtigkeit bei der Nachfolgeplanung. Bei Bewerbungsgesprächen sind divers besetzte Teams verpflichtend, Job Sharing in Führungsrollen sorgt für Vorbildwirkung. Aus meiner Erfahrung als Frau und ehemalige Politikerin weiß ich: Das stärkste Mittel gegen strukturelle Benachteiligung ist die Quote – sie bricht verkrustete Strukturen in unserer Gesellschaft auf. In unserem Unternehmen liegt zum Beispiel ein expliziter Schwerpunkt der Nachhaltigkeitsstrategie auf der Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen. 2025 wird der Anteil von Frauen im Senior Management bei 30 Prozent liegen.

„Manchmal ist es schwierig, ein ungebührendes Verhalten zu adressieren – etwa, wenn es die eigene Führungskraft betrifft.“

Kuntal Baveja

In Diskussionen hört man oft, dass Männer – hinter den Kulissen – genervt seien vom Gleichberechtigungs-Thema. Stimmt das?

Manisha Joshi: Ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass beim Gleichberechtigungsthema nicht die Geschlechter zusammenstoßen, sondern die Generationen. Zum ersten Mal gibt es fünf Generationen in der Belegschaft: Generation Z, Millennials, Gen X, Baby Boomers und Traditionalist*innen. Dies bedeutet unterschiedliche Wertesysteme und unterschiedliches Wissen. Die junge Generation ist wesentlich sensibilisierter, wenn es um systematische Diskriminierung geht. Was vor zehn Jahren noch als Männerwitz abgetan wurde, wird heute als klar sexistisch erkannt und verurteilt. Die Jungen sind nicht mehr bereit, Ungerechtigkeiten hinzunehmen – und das ist gut so.

Kuntal Baveja: Ich nehme diese Kritik an den Männern so nicht wahr, denn ich lebe und arbeite in einem sehr diversen Umfeld und ich sehe täglich die Vorteile eines ausgewogenen und integrativen Arbeitsumfelds.

Sonja Wehsely: Fakt ist, dass Initiativen zur Gleichstellung oft von Frauen getragen werden und sich an Frauen wenden. So entsteht schnell der Eindruck, dass Gleichstellung ein „Frauenthema“ sei und dass Männer – oft die einflussreichsten Stakeholder in unserer Gesellschaft, in unseren Unternehmen – nicht einbezogen werden müssen. Wenn ich als Mann beim Thema Gleichberechtigung eine aktive Rolle habe, mich als „Male Ally“ für Geschlechtergerechtigkeit einsetze, trete ich oft aus der eigenen Komfortzone. Aber was wäre die Alternative? Sich mit Leuten zu umgeben, die so sind wie man selbst – das ist einfach, bringt allerdings keinen Wandel. Vielfalt ist besser als Einfalt.

Ganz allgemein: Wie macht man das Thema „Allyship“ und Inklusion den Männern „schmackhaft“? Nachdem sie die meisten Führungspositionen bekleiden, betrifft die Frage hier eher die Männer …

Sonja Wehsely: Wir müssen mehr Awareness schaffen, dass Gleichberechtigung ein Wettbewerbsvorteil ist – so wie generell Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion Teams erfolgreicher und resilienter machen. Von anderen Notwendigkeiten, wie einem Forecast-Prozess oder Business Review müssen Männer ja auch nicht überzeugt werden. Es gibt mittlerweile eine Fülle von Studien, die belegen: Unternehmen mit einer vielfältigen Belegschaft und einer inklusiven Kultur sind erfolgreicher. Sie erzielen bessere Ergebnisse, sind innovativer, kundenorientierter und binden ihre Mitarbeitenden länger. Nicht von ungefähr verankern Unternehmen DE&I in der strategischen Planung. In den Köpfen mancher Menschen fehlt dieses Bewusstsein noch.

Kuntal Baveja: Um das Thema Verbündete und Inklusion attraktiver zu machen, ist es wichtig, sich auf die positiven Auswirkungen eines vielfältigen Arbeitsumfelds zu konzentrieren, wie etwa mehr Kreativität, bessere Entscheidungsfindung und bessere Geschäftsergebnisse. Und hierbei sind alle gefordert; aber natürlich im Besonderen Menschen, die Führungsverantwortung tragen.

Wird die Situation automatisch besser, wenn die Boomer in den Führungsetagen und Entscheidungspositionen einmal in Pension sind?

Manisha Joshi: Nichts wird „automatisch“ besser. Wir müssen aktiv dazu beitragen, eine Veränderung hervorzurufen. Jede*r von uns. Sonst führen wir das System weiter. Es braucht von allen mehr Mut zur aktiven Veränderung – bis ganz nach oben. Wir können alle etwas für eine fairere und gerechtere Arbeitswelt der Zukunft beitragen. Es braucht Maßnahmen und Veränderungsfreude. Diversität, Inklusion und Fairness am Arbeitsplatz können wir nur gemeinsam schaffen, deswegen müssen wir im Dialog und nicht in Konkurrenz gehen.

Sonja Wehsely: Das Thema hat nichts Romantisches, es eine Machtfrage. Es geht um Macht und Einfluss in der Gesellschaft. Und die Wirtschaft ist ein sehr wichtiger Teil der Gesellschaft. Wir können daher Gleichberechtigung nicht davon abhängig machen, ob Baby-Boomer in Pension gehen. Genauso wenig verschwindet Ungerechtigkeit, je mehr Zeit verstreicht. Gleichberechtigung ist eine Management-Aufgabe. Nur mit klaren Zielen, Strategien und messbaren Maßnahmen können sich Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion in einer Gemeinschaft etablieren. Der „Tone from the Top“ im Sinne einer Vorbildwirkung schafft dabei Relevanz und Akzeptanz.

Kuntal Baveja: Tief verwurzelte gesellschaftliche Einstellungen und Strukturen ändern sich nicht mit dem Generationswechsel, sondern durch kontinuierliches Vorleben einer offenen und vielfältigen Weltanschauung. Wie wir uns verhalten, ist somit stark davon abhängig, wie wir aufwachsen, mit welchen Menschen wir maßgeblich unsere Zeit verbringen und wer unsere Vorbilder sind. Daher ist es mir als Vater besonders wichtig, meinen Kindern ein möglichst vielfältiges Aufwachsen zu ermöglichen. Ich darf Ihnen an dieser Stelle ein Beispiel bringen: Meine fünfjährige Tochter war der absoluten Überzeugung, dass Rosa eine Farbe ist, die ausschließlich Mädchen und Frauen vorbehalten ist. Meinem Widerspruch wollte sie nicht glauben. Daher habe ich angefangen, rosa Hemden zu tragen, um ihr zu zeigen, dass ich als Mann auch Rosa tragen kann und darf. Nachdem ich das kontinuierlich mache, ist sie von ihrer Behauptung abgerückt und gesteht auch Buben und Männern zu, etwas Rosarotes haben zu dürfen.

„Die Generation unter 30 sucht sich ihren Arbeitgeber genau aus, und dieser muss fortschrittlich sein.“

Manisha Joshi

Interessanterweise steckt offenbar auch in den meisten Menschen eine Art „Ranking“ der Solidarität: Während sich die meisten Männer (72 %) und Frauen (83 %) für Menschen mit Behinderung einsetzen würden, sinken die Zahlen bereits stark, wo es um homophobe Äußerungen oder das „N-Wort“ geht, und sie halbieren sich beziehungsweise fallen fast auf ein Drittel herunter bei sexistischen Witzen. Was sagt das über unsere Gesellschaft aus?

Kuntal Baveja: Dieses „Solidaritätsranking“ könnte darauf hindeuten, dass einige Formen der Diskriminierung als schwerwiegender angesehen werden als andere und dass die Gesellschaft bei einigen Themen sensibler ist.

Manisha Joshi: Dies sagt aus, dass wir ein starkes Rassismus- und Sexismus-Problem in
Österreich haben. Studien zeigen, Diskriminierung in Österreich geschieht am häufigsten in der Arbeitswelt. Hier können wir als Führungskräfte entgegentreten. Unternehmen müssen stärker Verantwortung übernehmen und den Mut haben, Haltung zu zeigen. Und es lohnt sich! Denn vor allem die Generation unter 30 tickt anders: Die sucht sich ihren Arbeitgeber genau aus, und dieser muss fortschrittlich sein. Nur, wer sich weiterentwickelt, kann also die wenigen jungen Talente, die wir auf dem Markt haben, für sich gewinnen. Dazu gehören Diversity, Gleichberechtigung und soziales Engagement.

Laut Studie zeigen Frauen mehr Solidarität gegenüber Kolleg*innen und schreiten bei Diskriminierung häufiger ein als männliche Kollegen. Entspricht dies Ihrer Wahrnehmung? Wenn ja: Woran liegt das?

Kuntal Baveja: Menschen zeigen sich solidarischer, wenn sie selbst die negativen Auswirkungen von Diskriminierung am Arbeitsplatz beziehungsweise im Leben zu spüren bekommen haben. Deshalb können sie vielleicht empathischer darauf reagieren. Aber das betrifft nicht nur ein Geschlecht. Auch hier kann ich Ihnen ein positives Beispiel von Novartis nennen, denn Diskriminierung darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben – deshalb sind wir sehr stolz darauf, dass wir im März 2023 vom Sozialministerium mit dem Gütesiegel „Wir sind inklusiv“ ausgezeichnet wurden.

Sonja Wehsely: Wie in einer Organisation Solidarität gelebt wird, sagt viel über das Management und dessen Vorbildwirkung aus. Wo Leadership ist, ist auch Solidarität im Unternehmen. Wir Führungskräfte haben die Verantwortung dafür, eine Kultur zu schaffen, in der jede Person dieselben Chancen hat, unabhängig vom Geschlecht. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe – aber für einfache Lösungen braucht es auch keine Leader.

Zu den Personen:

Sonja Wehsely (53), verantwortet bei Siemens Healthineers als Executive Vice President und Managing Director den Geschäftserfolg in 30 Ländern Zentral- und Osteuropas sowie Zentralasiens. Das Unternehmen, einer der weltweit führenden Medizintechnikkonzerne mit mehr als 70.000 Mitarbeiter*innen in Niederlassungen in mehr als 70 Ländern, punktet mit Internationalität und hoher Innovationskraft. Zuletzt verzeichnete dieses einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro. Siemens Healthineers leistet Pionierarbeit im Gesundheitswesen und entwickelt nachhaltige Innovationen im Bereich der Gesundheitsversorgung. Wehsely ist zudem Vorsitzende des globalen Diversity, Equity & Inclusion Boards. Zuvor implementierte sie als Head of Strategy, Business Development, Government Affairs & Policy am Firmensitz in Deutschland eine nachhaltige Wachstumsstrategie für die heterogene Region EMEA (Europe, Middle East, India & Africa). Vor ihrem Wechsel zu Siemens Healthineers 2017 war die Juristin politisch aktiv, zuletzt als Wiener Stadträtin für Gesundheit und Soziales.

Kuntal Baveja (40), ist seit März 2023 Novartis Country President Österreich und leitet alle Novartis Standorte hierzulande. Zuvor arbeitete er die letzten 17 Jahre in verschiedenen Divisionen bei Novartis (Pharma, Vaccines und Sandoz) sowie in mehreren Ländern weltweit (Amerika, Europa und Asien). Zuletzt war er General Manager von Novartis in den Niederlanden, und im Juli 2022 wechselte er als President für Innovative Medicines nach Österreich. Novartis ist Branchenführer in der Produktion von hochwertigen Arzneimitteln und fokussiert auf vier Kerntherapiegebiete: Herz-Kreislauf-, Nieren- und Stoffwechselerkrankungen, Immunologie, Neurologie und Onkologie. Österreich spielt in der Forschung eine ganz spezielle Rolle: Der Tiroler Standort Kundl/Schaftenau unterstützt mit seinen Innovationen die wichtigsten Medikamente von Novartis in verschiedenen Entwicklungs- und Produktionsstadien; der Standort Wien ist zuständig für Business Units und Vertrieb. Novartis Österreich beschäftigt mehr als 3.300 Mitarbeitende und erreicht mit seinen Arzneimitteln rund 870.500 heimische Patient*innen, das entspricht knapp zehn Prozent der österreichischen Bevölkerung. Der Netto-Umsatz hierzulande liegt bei einer Milliarde Euro, die Höhe der Investitionen allein in Österreich betrug zwischen 2015 und 2023 1,8 Milliarden Euro.

Manisha Joshi (33), ist Business Director und Head of DEI bei der führenden Kommunikationsagentur Ketchum. Als Teil des Leadership-Teams übernimmt sie alle Agenden zu Gleichberechtigung, Vielfalt und Fairness. Die Kommunikationsexpertin will Bewusstsein für die homogene heimische Kommunikationsbranche schaffen und Vielfalt in den Arbeitsalltag integrieren. Sie ist halbe Inderin, halbe Steirerin. Als einzige Nicht-Weiße Person am Land aufzuwachsen, prägt. Privat und beruflich wurde ihr oft vermittelt, anders zu sein. Die Diversity-Expertin engagiert sich dafür, dass die österreichische Businesswelt Vielfalt als Chance und klaren Wettbewerbsvorteil wertschätzt. Manisha Joshi berät nationale und internationale Kunden im Bereich Corporate Communications, Brand Communications, CEO Positioning, Employer Branding und wie Diversität als Teil einer holistischen Unternehmensstrategie zum Vorteil aller genutzt werden kann.

“Es braucht Mut, verkrustete Strukturen aufzubrechen”

Die magische Fünf also. Seit fünf Jahren sind Sie mit Ihrem Netzwerk „Mission Female“ erfolgreich aktiv, doch nun stehen Veränderungen an. Warum?

Frederike Probert: Seit einem Jahr sind wir in einer Transformationsphase. Wenn wir über Themen wie Diversität, Inklusion, Parität in Aufsichtsräten und weibliche Gründerinnen sprechen, dann sind das Themen, die nicht nur Mission-Female-Member betreffen, sondern auch Männer inkludieren. Dazu muss man wissen, dass wir innerhalb des Netzwerkes Initiativen etablieren – „We believe“– wir glauben an … Sobald wir eine Initiative verankert haben, sorgen wir dafür, dass ein Member den Lead übernimmt und sich dem Thema vollkommen widmet. Zudem kommt das ganze Netzwerk zusammen, diskutiert und schaut, was wir verändern können. Das passiert nun im Besonderen mit der Initiative „Male Allyship“.

Warum braucht es dieses Programm?

Wir wissen schon sehr lange, dass Frauen es nicht alleine schaffen können – oder manchmal auch nicht wollen. Wir brauchen die richtigen Männer an Bord. Und es gibt viele Männer, die das Thema verstanden haben, aber sie haben sich nicht sichtbar gemacht. Ganz besonders ist mir das bei der Planung unserer Konferenz X-Change aufgefallen. Ich wollte immer Parität auf der Bühne, aber es war schwer, Männer davon zu überzeugen. Dabei weiß ich: Es gibt viele Männer, die Frauen stärken, mitnehmen, und die gar nicht mehr in ihren männlich getriebenen Buddy Circles unterwegs sein wollen. Sie haben sich in der Vergangenheit aber nicht getraut, sich öffentlich zu dem Thema zu bekennen.

Wie genau schaffen Sie die Veränderung?

Mit der Initiative holen wir die richtigen Männer an Bord und binden sie in alle Aktivitäten ein, die Mission Female entwickelt und veranstaltet. Schon früher habe ich Männer in führenden Positionen aktiv angesprochen und dabei immer wieder festgestellt, dass sie Angst davor haben, nicht mehr als Experten für ihr Fachwissen wahrgenommen zu werden, sobald sie sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Egal, ob Expertise in Technologie, Digitalisierung und Datenschutzgrundverordnung, solch „harte“ Fakten und Themen sind für die Männer Karrieretreiber. Sie haben Angst, dass sie, sobald sie sich für „weiche Themen“ wie Parität einsetzen, in der Außenwirkung verwässern.

„Männer haben Angst davor, in der Außenwirkung zu verwässern, sobald sie für Parität kämpfen.“

Woher nun diese Männer nehmen?

Aus meinem Netzwerk, das ich die vergangenen 25 Jahren aufgebaut habe. Männer, aus den Bereichen Medien, Digitalisierung, Technologie und Co. – alles Männer, die mir schon immer zur Seite gestanden sind, aber es nie öffentlich ausgesprochen haben und dementsprechend nicht sichtbar waren. Außerdem nutzen wir die Power unseres Netzwerks. Wir haben 150 Frauen. Wenn jede von ihnen nur fünf tolle Männer kennt, dann potenziert sich das schnell hoch. Spannend ist übrigens, dass uns viele Männer der Mission Female-Members immer sagen, dass sie es total ungerecht finden, dass sie als Mann keine Möglichkeit haben, Teil von Mission Female zu sein. Wir sind bekannt dafür, dass wir sehr klar, sehr unverbindlich, sehr ungefiltert, sehr unpolitisch miteinander sprechen, und vor allem auch wirklich ins Machen kommen. Das kennen viele Männer nicht aus den bestehenden Netzwerken, die sie haben.

Frederike Probert mit Gründer Waldemar Zeiler, der öffentlich über toxische Männlichkeit spricht.

Brauchen Männer Mut, um „Male Allyship“ zu leben?

Es ist eine gesellschaftliche Herausforderung, alte, verkrustete Strukturen aufzubrechen, das bringt einen unglaublichen Aufwand mit sich. Und ja, dafür braucht es Mut, auf beiden Seiten. Und der allererste Schritt, der ist ohnehin einfach: Über das Thema reden, auch mit anderen Männern. Im nächsten Schritt gilt es, sich aktiv für gleichberechtigte Karrieren einzusetzen.

Könnte sich Mission Female in Zukunft auch fernab des Programms „Male Allyship“ auf Männer ausweiten?

Es ist durchaus ein Zukunftsszenario, dass wir das Netzwerk für Männer öffnen. Parität ist ein Thema für beide Geschlechter.

Wie können sich Männer, die das Programm unterstützen wollen, einbringen?

Gerne direkt bei uns melden, wir werden die Männer auf jeden Fall in unser Programm und unsere Initiativen einbinden und in den Dialog treten, damit wir gemeinsam Veränderungen vorantreiben.

Drei goldene Regeln für Männer, um Male Allyship zu leben

  1. Was für Frauen schon lange gilt, ist hier auch für Male Allies Regel Nummer eins: Machen Sie sich mit Ihrem Anliegen sichtbar!
  2. Setzen Sie sich aktiv an der Seite der Frauen ein, aber auch in den jeweiligen Unternehmen.
  3. Stellen Sie ruhig alles in Frage, was bisher passiert ist – und schaffen Sie mehr Bühnen für Frauenkarrieren.

Was kann das Netzwerk “Mission Female”?

Mission Female ist seit seiner Gründung im Jahr 2018 darauf ausgelegt, einen exklusiven Austausch unter den weiblichen Members zu leben – verbindlich, vertrauensvoll und sehr persönlich, mit beeindruckenden Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Branchen. Das Netzwerk, dessen Credo lautet: „Gemeinsam sind wir stärker“, konzentriert sich auf gesellschafspolitische, inhaltlich getriebene Themen. Bei Mission Female unterstützt man sich gegenseitig, auch die nächste Karrierestufe mitzunehmen. Aber, so Gründerin Frederike Probert: „Wir teilen unsere Erfahrungen nicht nur innerhalb des Netzwerks, sondern auch außerhalb, beispielsweise auf Veranstaltungen.“