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“Die Vielfalt der Stimmen stärkt unsere Brand”

Franziska von Hardenberg ist Unternehmerin (The Siss Bliss und Bliss Bang Capital) und wurde 2022 in Berlin als „Familienunternehmerin des Jahres“ ausgezeichnet. Durch Instagram hat Franzi von Hardenberg es geschafft, mit dem „Social Media first“ Ansatz eine digitale Community in eine analoge Bewegung, die #Sissterhood, zu überführen.

„Überall hört und sieht man im Moment neu ins Leben gerufene Corporate-Influencer-Programme. In meinen Unternehmen ist das schon längst gelebter Alltag. Die Vielfalt der Stimmen und Lebenserfahrungen stärkt auch unsere Brands im Bereich Employer
Branding und in der Reputation als Arbeitgebende. Dabei ist es essenziell, eine offene und vielfältige Meinungskultur zu leben. Vision und Mission aufzuzeigen statt Meinung zu diktieren, ist die Devise. Offene Kommunikation und der Austausch von Ideen sind oft der Schlüssel zu Innovation. So kann man schneller sein als die Konkurrenz. Eine konstruktive Haltung ist wichtig und sollte gefördert werden. Übrigens gilt das nicht nur für unsere Mitarbeitenden. Unsere Kund*innen sind genauso vielfältig, wie die Welt um uns herum. In Zeiten des schnelllebigen E-Commerce erhält uns genau das die nötige Agilität. Das Setzen von Grenzen ist wichtig, um die Integrität und das Bild der Marke des Unternehmens zu schützen. Sich in einem abgesteckten Rahmen nicht die Agilität und Flexibilität zu nehmen – darin steckt die Magie.“

Hans Neubert ist Head of Marketing bei The Siss Bliss/Bliss Bang Capital, Co-Founder & Vorstandsvorsitzender der Bundesgesellschaft für Digitale Medien. Besonders auf LinkedIn ist seine Stimme laut – am 3. Januar erscheint sein E-Book „LinkedIn done right“.

„Neue Ideen und Lösungsansätze entstehen oft aus individuellen Perspektiven. Wenn wir unsere eigenen Sichtweisen teilen, eröffnen wir die Tür zu innovativen Ansätzen, die uns voranbringen. Besonders in der schnelllebigen digitalen Marketing-Welt ist dies entscheidend. Aus diesem Grund ist das Einholen und Teilen verschiedenster Perspektiven für mich ein Grundstein in der Kommunikation. Durch den Dialog und den Austausch unterschiedlicher Blickwinkel können wir fundiertere Entscheidungen treffen. Wer seinen beruflichen Alltag und die damit verbunden Problemlösungen allein gestaltet, fährt langfristig auf eine Sackgasse zu statt auf eine Kreuzung mit neuen Möglichkeiten. Wichtiger als die Marke oder das Unternehmen, für welches man arbeitet, sind für mich im Arbeitsalltag die Menschen, mit denen man gemeinsam Ziele erreichen und neue Lösungen finden möchte. Wir alle verbringen mit unseren Vorgesetzten, Teams und Kolleg*innen mehr Zeit als mit jeder anderen Person in unserem Umfeld. Umso wichtiger ist es, Echtheit und Authentizität zu leben. Ich selbst bin mir schon immer treu geblieben, und das sollte man auch in jedem Umfeld. Das Gefühl, dass es alle anderen auch sein können, ist der wahre Game Changer!“

Proud to be an Ally

Allies nutzen ihre privilegierte Position. Sie zeigen Haltung nicht nur durch Worte, sondern mit aktiven Taten. Im Arbeitsumfeld sind solche Personen auf der Diversity, Equity & Inclusion (DEI)- Journey besonders wichtig. Acht Leader*innen erzählen über ihre Rolle als Ally im Unternehmen.

Gudrun Meierschitz

Mitglied des Vorstandes, ACREDIA Versicherung AG

Ehrlich gesagt war mir das Wort Allyship lange Zeit kein Begriff. Aber hinter diesem Wort erkenne ich ganz klar einen der zentralen Werte von Acredia: das ,Miteinander‘. Wir haben vor ein paar Jahren unsere Mitarbeitenden gefragt, welche Werte ihnen wichtig sind. Respekt, Toleranz und Solidarität standen ganz oben auf der Liste. Meine Aufgabe als Vorständin ist es, Strukturen zu schaffen, die diese Werte im Alltag ermöglichen und fördern. Beispielsweise sind 50 Prozent unserer Führungskräfte Frauen. Klassische Geschlechterrollen und Sexismus haben dadurch von vornherein keinen Platz. Wir haben Mitarbeitende aus den verschiedensten Ländern, mit unterschiedlichen Ausbildungsniveaus und Lebenshintergründen. Für Führungskräfte veranstalten wir bei Acredia Schulungen, die unter anderem unbewusste Vorurteile beim Recruiting verhindern sollen. Ziel ist, dass wirklich jede und jeder bei Acredia Karriere machen kann. Allyship ist für mich eine Geisteshaltung, die nur dann in einem Unternehmen wirken kann, wenn sie jeden Tag vorgelebt wird.“

„Warum? Weil ein Arbeitsumfeld, in dem auf Gleichberechtigung geachtet wird, für alle gut ist.“
Rene Knapp

Rene Knapp

Vorstand für Personal, Marke und Nachhaltigkeit, UNIQA Insurance Group AG

Nach wie vor sitzen Männer heute in den allermeisten Unternehmen an entscheidenden Positionen. ‚Male Allies‘ als Verbündete sind daher wesentlich auf dem Weg zu Gender Equity. Warum sollten das Männer tun? Meine Antwort ist klar: Weil ein Arbeitsumfeld, in dem auf Gleichberechtigung geachtet wird, für alle gut ist – unabhängig vom Geschlecht. Erst durch mehr Diversität entstehen neue, wichtige Blickwinkel, die oftmals ganz einfache Themen als Herausforderung identifizieren: Beispielsweise Meetings an Tagesrandzeiten für Menschen mit Betreuungspflichten. Was bedeutet das also? In der Verantwortung der Führungskräfte liegt es, genau hinzuschauen, zuzuhören und die Bedürfnisse zu verstehen. Dabei gilt es zu reflektieren und eigene Vorurteile zu hinterfragen – Stichwort ‚Unconscious Bias‘. Der nächste Schritt ist, klar Position zu beziehen und für Gleichstellung und Fairness einzutreten. Wichtig: Es liegt nicht nur bei der betroffenen Person, ein Thema anzusprechen – die Führungskraft ermutigt, schafft einen vertrauensvollen Rahmen und spricht bei Bedarf Themen auch direkt an. Sie ist das Role Model und unterstützt (Male) Allyship kraftvoll – und dauerhaft.

Schließen Sie sich unserer #AlliesForEquity Bewegung an

Zeigen auch Sie Ihre Unterstützung und werden Sie Teil unserer Bewegung #AlliesForEquity, die positive Veränderungen in der Arbeitswelt vorantreibt. Indem Sie Ihr Statement teilen, warum Diversität in Unternehmen wichtig ist oder warum Sie ein Ally sind, inspirieren Sie andere, sich uns ebenfalls anzuschließen und gemeinsam eine vielfältige und inklusive Zukunft zu gestalten.

Jetzt gemeinsam stark machen – so funktionierts:

  1. Vorlage im #AlliesForEquity Design für Canva oder als PNG Bilddatei herunterladen und einfach Foto und/oder Statement einfügen.
  2. Bild mit Statement posten, warum Sie ein*e Ally sind oder warum Diversität in Unternehmen wichtig ist (auf LinkedIn, Instagram oder Facebook). Hashtags #weconomy und #AlliesForEquity verwenden.
  3. Personen markieren, die Verbündete für Gleichberechtigung und Vielfalt in der Arbeitswelt sind, und diese damit auffordern, ebenfalls ein Statement darüber zu posten.

Gemeinsam können wir eine positive Veränderung bewirken!

Gerhard Wagner

Experte für Vielfalt, Inklusion und Gleichstellung, Wiener-Stadtwerke-Gruppe

Allyship ist für mich ein wesentlicher Schlüssel in jedem nachhaltigen DEI-Management, denn es ist nicht die alleinige Aufgabe unterrepräsentierter Gruppen, für Gleichstellung zu sorgen. DEI braucht alle mit an Bord, insbesondere diejenigen, die der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft angehören und in Entscheidungspositionen sitzen. Privilegien sind in der Regel für jene, die sie besitzen, unsichtbar. Genau deshalb fällt es manchmal schwer, echte Allies zu gewinnen. Denn ernstgemeintes Allyship ist mehr als verbale Aufgeschlossenheit und braucht nicht nur Worte, sondern aufrichtiges Verhalten und entsprechende Taten. Was sich aus meiner Erfahrung bewährt: Zuhören und Herausfinden, woher Widerstand oder Zurückhaltung kommen und potenzielle Allies dort abholen, wo sie stehen. Oftmals gelingt das über anschlussfähige und emotionalisierende Erfahrungsberichte von Role Models. Manchmal braucht es Zahlen, Daten und Fakten, um überhaupt Bewusstsein für strukturelle Benachteiligungen zu schaffen. Wertvoll ist die Öffnung passender Austausch- und Netzwerkformate für Allies, um die Einbindung von Verbündeten zu ermöglichen und aus unterschiedlichen Gruppen ein gemeinsames WIR zu schaffen.

„Es ist nicht die alleinige Aufgabe unterrepräsentierter Gruppen, für Gleichstellung zu sorgen.“
Gerhard Wagner

Nicole Steger

Equality, Diversity & Inclusion Leader, IKEA Österreich

IKEA steht seit 80 Jahren für eine offene Gesellschaft, in der wir alle genau so sein können, wie wir sein möchten. Wir sind uns aber bewusst, dass wir trotz großer Anstrengungen noch nicht alle Antworten zu diesen wichtigen Themen haben. Allyship bedeutet für uns interne Arbeit im Unternehmen. Nach außen wollen wir vor allem aufmerksam machen und zum Mitmachen einladen. Dabei stellen wir immer den Mehrwert einer inklusiven, diversen und gerechten Gesellschaft in den Fokus. Das inklusive Arbeitsumfeld bei IKEA ist nämlich ein zentraler Faktor unseres unternehmerischen Erfolgs. Als stolzer Ally von Pride Biz Austria und vielen weiteren wichtigen Initiativen setzen wir uns nicht nur selbst für Diversität in der Wirtschaft ein, sondern lernen dort auch von unseren Allies. Ein wichtiger Leitspruch bei IKEA, der 1976 vom Unternehmensgründer Ingvar Kamprad niedergeschrieben wurde, gilt heute ganz besonders für das Thema DEI: Das meiste ist noch nicht getan. Lasst uns eine Gruppe von positiven Enthusiast*innen bleiben, die sich mit unerschütterlicher Hartnäckigkeit weigern, das Unmögliche, das Negative zu akzeptieren. Was wir wollen, das können wir, und wir werden es gemeinsam tun.

Anke van Beekhuis

CEO, BEEKHUIS Performance Culture

U Unsere Projekte haben gezeigt, dass individuelles Allyship wichtig ist, aber kollektive Anstrengungen eine weitaus mächtigere Wirkung haben. Allies brauchen also Gleichgesinnte, um gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen und Veränderungen anzustoßen. Am einfachsten findet man diese, indem man sein Engagement öffentlich macht und sich mit anderen verbündet. Offen gegen Diskriminierung aufzutreten, für etwas einzustehen und Unterstützung zu bieten, ermutigt andere, sich ebenfalls zu engagieren und Dinge in die Hand zu nehmen. Für mich in meiner Rolle bedeutet Allyship in erster Linie, Bewusstsein zu schaffen. Aktiv zuhören, über eigene Erfahrungen sprechen und in ein Miteinander zu gehen. Allyship ist ein Puzzlestein auf den Weg zu mehr Awareness und weniger Diskriminierung und Ungleichheit. Für eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft braucht es aber mehr. Wir müssen die Spielregeln verändern. Für Unternehmen bedeutet das, konkrete Vorgaben und eine Unternehmenskultur, die bereit ist, an den Herausforderungen der Zukunft zu wachsen.“

Raphaela Tiefenbacher

Head of Strategy, Österreichisches Patentamt

Unser Motto am ÖPA ist: Neues erfinden und über den Tellerrand hinaus denken – das braucht Freiheit und ein inspirierendes, buntes Miteinander. Nichts widerspricht dem mehr als Rassismus, Homophobie und Diskriminierungen jeder Art. Aber ein guter Ally zu sein bedeutet mehr als Absichtserklärungen. Es geht darum, zuzuhören, ernst zu nehmen, hinzuschauen und zu realisieren, dass man selbst nicht alles weiß – und dann zu handeln. ‚Am besten nachfragen‘, lautet hier die Devise. Das haben wir beim Thema ‚Frauen in IP‘ gemacht. Die geringe Erfinderinnenquote in Österreich gab uns zu denken, und wir haben daher unsere Interessensträger*innen befragt, was wir dagegen tun können. Am ÖPA wollen wir helfen, Barrieren abzubauen. Unsere jüngste Kreation: Ein Service namens Buddy for her*, wo Frauen* die Möglichkeit bekommen, mit Expertinnen aus unserem Haus niederschwellig, frank und frei über ihre Ideen zu sprechen. Wir wollen damit weiter lernen und einen Beitrag zur bestmöglichen Nutzung unseres Innovationspotenzials leisten.“

„Ein guter Ally zu sein bedeutet mehr als Absichtserklärungen.“
Raphaela Tiefenbacher

Nicole Prieller

Geschäftsführung Digital & Customer Transformation, Mitglied des PwC Leadership Teams

Um Allyship im Unternehmen zu stärken, ist Aufklärung das Um und Auf. Mögliche Allys müssen verstehen, dass sie eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Gleichberechtigung spielen, vor allem auch Male Allys können hier viel bewirken. Vielen ist jedoch nicht bewusst, wie sie wirksam beitragen können. Es geht also darum, im ersten Schritt die Augen dafür zu öffnen, welche – oft unbewussten – Verhaltensweisen Exklusion verstärken. Durch Workshops und Trainings kann beispielsweise ein Dialog geschaffen werden, der Hemmungen abbaut und die Wichtigkeit von Allyship verdeutlicht. Inklusion entfaltet sich im Alltag, in den kleinen Momenten des Miteinanders, sei es beim Mittagessen oder im Meeting. Jede*r Einzelne sollte sich als Teil des großen Ganzen sehen und verstehen, dass sein*ihr Handeln zählt. Allyship bedeutet beständige Arbeit und nicht die Suche nach Perfektion. Es geht darum, Raum zu geben, damit alle Stimmen gleichwertig gehört werden und jede*r sich eingebracht und repräsentiert fühlt.“

Stefan Grafenhorst

Vice President People & Sustainability, Greiner AG

Wer in Europa aufwächst, noch dazu männlich ist, Bildung und Wohlstand genießt, der ist sicherlich privilegierter als ein großer Teil der Welt. Sich diese Privilegien aktiv bewusst zu machen, das halte ich für einen enorm wichtigen ersten Schritt. Denn wenn es um Diskriminierung und Ungleichbehandlung geht, braucht es am Ende des Tages mit Sicherheit jene privilegierten Menschen, die sich erheben, die Probleme erkennen und vor allem benennen. In meiner Rolle kann ich die Bühne nutzen, die mir immer wieder zuteil wird, um Diskriminierung und Ungleichbehandlung zu thematisieren. Dabei will ich mir nicht herausnehmen, alle Herausforderungen von benachteiligten Menschen zu verstehen – aber ich kann es versuchen. Das hat am Ende viel mit Zuhören zu tun. Wenn ich auf Greiner schaue, dann geht es darum, Raum für solche Themen zu schaffen und eine Kultur zu fördern, die Debatten um Diskriminierung und Ungleichbehandlung ermöglicht.“

ALLYSHIP ist HIP – doch wie geht man’s an?

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Das Wort „Ally“ kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Helfer*in, Partner*in oder Verbündete*r. Heute versteht man unter Ally auch eine Person mit Privilegien, die Menschen aus unterdrückten oder diskriminierten Gruppen unterstützt und sich solidarisch zeigt. Das Ziel dabei: Die Betroffenen sollen sich gehört, verstanden und wertgeschätzt fühlen. Das gilt im Privatleben ebenso wie im Arbeitsumfeld.

Von sich selbst zu sagen, man ist ein*e Ally, ist allerdings zu wenig. Wenn dem Wort keine Taten folgen, ist das nur ein schöner Orden, den man sich umgehängt hat. Allein durch die Bezeichnung werden Unterdrückung und Diskriminierung nicht weniger. Hier sind vier Dinge, die man tun sollte, um Allyship zu einem proaktiven Prozess des Bewusstwerdens und des Handelns zu machen.

1. Eigene Privilegien erkennen

Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass sie aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrer sexuellen Orientierung bevorzugt behandelt werden. Um ein*e gute*r Ally zu werden, muss man sich seine Privilegien zunächst einmal bewusst machen. Einerseits, indem man sich die Diskriminierungserfahrungen anderer Menschen anhört und überlegt, ob man selbst schon einmal ähnliche Erlebnisse hatte. Andererseits, indem man die eigene Stellung in der Gesellschaft beleuchtet: „Mit welchen Machtpositionen bin ich ausgestattet – und wann erlebe ich Gefühle von Ohnmacht?

In welchen Situationen gehöre ich zur Mehrheits- oder zur Minderheitsgruppe?“ Solche Fragen – und ehrliche Antworten darauf – können dabei helfen, sich selbsteinzuordnen. Wobei man unter Umständen feststellt, dass man beispielsweise als Frau von Unterdrückung betroffen und gleichzeitig als weiße Person privilegiert sein kann.

Ebenfalls nützlich: Das „Diversity-Rad“ von Lee Gardenschwartz und Anita Rowe gibt Aufschluss über viele mögliche Dimensionen, in denen Menschen sich gleichen oder unterscheiden können – und auch darüber, bei welchen Themen Menschen diskriminiert werden.

2. Alltagsdiskriminierung wahrnehmen

Nicht immer werden Menschen aus marginalisierten Gruppen offen beleidigt oder angegriffen. Häufig kommt es zu einer unterschwelligen Anders-Behandlung oder Herabwürdigung. Man spricht dann von Alltagsdiskriminierung. Beispiele dafür gibt es viele: Vom Kollegen mit Migrationshintergrund, der bei einem Diebstahl im Büro automatisch als erster verdächtigt wird, über die Transperson, die trotz Qualifikation den Job nicht bekommt, bis hin zur Rollstuhlfahrerin, der man den Fensterplatz in der Kantine verwehrt.

Diskriminierende Einstellungen erlernen Menschen durch ihre Erziehung, durch mediale Vorbilder oder andere Einflüsse. So ist vielen nicht bewusst, dass ihre Aussagen diskriminieren, ausgrenzen und verletzen. Die Aufgabe eines*einer Ally besteht darin, in solchen Situationen aktiv Solidarität und Empathie zu zeigen – egal, ob auf einer Party, in Supermarkt oder im Büro.

3. Zuhören und Raum geben

Allyship darf aber auch nicht übers Ziel hinausschießen oder zur „Great Ally-Show“ werden. Es ist es wichtig, immer darauf zu achten, was die betroffene Person wirklich braucht. Das erfordert häufig, dass man zunächst einmal gut zuhört. Dadurch, dass man selbst nicht betroffen ist, kann man sich in die Situation möglicherweise schlecht hineindenken.

Wenn jemand eine Diskriminierungserfahrung schildert, sollte man trotzdem nicht gleich Fragen stellen, mit denen man die Glaubwürdigkeit der Person in Zweifel stellt. Eine solche Geschichte zu erzählen, erfordert viel Kraft und Mut – gleichzeitig macht es die Betroffenen verletzbar und angreifbar. Sie brauchen einen sicheren Raum, um ihre Erfahrung zu teilen. Und sie dürfen nicht in den Hintergrund gedrängt werden: Die Rolle der Ally sollte eine unterstützende sein, ohne den Betroffenen die Bühne zu nehmen. Ein*e Ally sollte auch Geschichten anderer nicht in deren Namen erzählen – es sei denn, sie werden explizit darum gebeten.

4. Eine Allyship-Kultur etablieren

Um Menschen, die diskriminiert werden, zu unterstützen, muss man sie nicht persönlich kennen. Man kann auch ihre Bücher lesen, sich ihre Filme ansehen oder ihre Produkte kaufen. Außerdem kann ein*e Ally die Vereine und Organisationen dieser Personen fördern, ihnen Raum in den Medien geben und an ihren Demos teilnehmen – ohne sich in die Retter*innen-Rolle zu begeben. Ein*e Ally kann sich gegen beleidigende Klischees und Witze über marginalisierte Gruppen aussprechen und darauf achten, dass Menschen nicht mit den falschen Pronomen angesprochen werden.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, sich zum Thema Diskriminierung selbst zu bilden und zu recherchieren – und erst dann Fragen an Betroffene zu stellen, anstatt zu erwarten, dass einem Personen mit Diskriminierungserfahrung dieProblematik von Grund auf erklären.Sobald man selbst gut informiert ist und reflektiert agiert, kann man sein gesammeltesWissen an andere Privilegierteweitergeben – um ihnen zu helfen, ebenfallsein*e gute*r Ally zu werden.

Studie: Wie solidarisch ist Österreich am Arbeitsplatz?

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Österreich wünscht sich mehr Solidarität am Arbeitsplatz. Wenn es jedoch um ein aktives Einschreiten geht, zeigt man sich zurückhaltend. Diskriminierende Bezeichnungen, vernommener Sexismus und Begrifflichkeiten werden von vielen toleriert.

Das zeigen die Kernergebnisse unserer aktuellen Umfrage in Kooperation mit der Kommunikationsagentur Ketchum zu „Allyship am österreichischen Arbeitsmarkt“. Laut der repräsentativen Studie wollen 79 % mehr Solidarität am Arbeitsplatz und wünschen sich, dass es jemand anspricht, wenn es zur ungleichen Behandlung von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz kommt.

Die Kernergebnisse zusammengefasst:

  • 16 % bezeichnen sich als Feminist:innen. Jede zweite Frau und 8 von 10 Männern bezeichnen sich dezidiert nicht als Feminist:in und distanzieren sich von dem Begriff
  • 12 % würde nicht aktiv werden, wenn sich ein:e Manager:in gegenüber eines Mitarbeitenden übergriffig verhält
  • Nur die Hälfte (52 %) aller Männer schreitet ein, wenn ein Mitarbeitender in Anwesenheit einer weiblichen Kollegin einen sexistischen Witz macht
  • Frauen zeigen mehr Solidarität und würden bei Diskriminierung häufiger einschreiten als männliche Kollegen
  • 9 von 10 Personen ist es wichtig, sich sicher zu fühlen, ihre Meinung am Arbeitsplatz zu teilen.

Ich bin (k)ein Feminist!

Nur 10 % aller Männer und 23 % aller Frauen bezeichnen sich als Feminist:in. Besonders feministisch scheinen die jungen Menschen, ein Drittel aller 14 bis 19- Jährigen bezeichnet sich selbst als Feminist:in. Je älter desto unfeministischer wird es. Bei den 40 – 59-Jährigen ist es durchschnittlich nur jede:r Zehnte, der sich selbst als Feminist:in bezeichnet.

Für 61 % der Befragten bedeutet Feminismus, sich für Frauenrechte zu engagieren. Feminismus wird teilweise noch negativ assoziiert: Für 8 % bedeutet Feminismus die Unterdrückung von Männern und für 11 % die Abneigung gegen Männern. Für 17 % Frauen zu bevorzugen und 49 % sich für die Selbstbestimmung von Frauen zu engagieren. Nur 2 % assoziieren mit Feminismus das Verbrennen von BHs.

„Ich bin Feminist. Denn die Frauenrechte und die Gleichberechtigung von Frauen liegen auch mir am Herzen. Ein Feminist zu sein, bedeutet für mich, ein Ally zu sein. Männer macht mit – wir profitieren alle von einer gleichberechtigten Gesellschaft“, so Hermann Sporrer, Co-Founder von sheconomy und weconomy.

Allyship am Arbeitsplatz: Wann setzten wir uns für Kolleg:innen ein?

Im Rahmen der Umfrage wurde ebenfalls erhoben, in welchen Diskriminierungsfällen am Arbeitsplatz Österreicher:innen aktiv werden würden. Hierbei wurden Situationen vorgegeben, in denen physische Übergriffe stattfinden und Anmerkungen mit ableistischen (Diskriminierung von Menschen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen), sexistischen, rassistischen und homophoben Hintergründen getätigt werden.

Bei einem körperlichen Angriff würden 89 % der Personen aktiv werden. Nur die Hälfte (52 %) aller Männer schreitet ein, wenn ein Mitarbeitender in Anwesenheit einer weiblichen Kollegin einen sexistischen Witz macht. Wenn keine Frau anwesend ist, halbiert sich die Solidarität. Ohne eine anwesenden Frau schreiten nur 29 % der männlichen Kollegen ein.

Sind Frauen solidarischer als Männer?

Laut der Umfrage, ja. Frauen gaben an, wesentlich öfter bei Diskriminierungsfällen
einzuschreiten als ihre männlichen Kollegen. Am solidarischsten zeigt man sich mit
Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Wenn ein Witz auf deren Kosten am
Arbeitsplatz geäußert wird, schreiten 72 % der Männer und 83 % der Frauen ein.

Bei homophoben Äußerungen, wie beispielsweise der Verwendung des Wortes „Schwuchtel“ würden 72 % der Frauen und 65 % der Männer einschreiten. Bei rassistischen Witzen, bzw. der Verwendung des „N-Wortes“ würden 57 % der Frauen und 45 % der Männer einschreiten. Bei sexistischen Witzen würden 48 % der Frauen und nur 29 % der Männer einschreiten.

Hierarchieübergreifende sexuelle Beziehungen am Arbeitsplatz werden von Männern stärker toleriert als von Frauen: Hier äußern sich 47 % der Männer und 60 % der Frauen aktiv dagegen. Komplemente zur Figur werden geschlechterunabhängig von 76 % akzeptiert.

Warum zeigen Frauen mehr Allyship als ihre männlichen Kolleg:innen?

„Wir Frauen profitieren nicht so stark vom bestehenden System wie unsere männlichen Kolleg:innen. Das System zu kritisieren, von dem man profitiert, ist schwierig. Sich für andere einzusetzen, heißt seine Privilegien zu teilen. Allyship bedeutet für mich, Menschen, die mit weniger Privilegien geboren wurden als ich, eine Hand zu reichen und mich mit ihnen zu solidarisieren. Wir können uns jeden Tag dazu entscheiden, mutig zu sein und uns aktiv für Gleichgerechtigkeit in unserer Welt einzusetzen“, so Manisha Joshi, Business Director und Head of Diversity bei Ketchum.

Freie Meinungsäußerungen in heimischen Unternehmen nur teilweise gefördert

Jedoch kennen mehr als die Hälfte der Befragten das Gefühl, am Arbeitsplatz
unfair behandelt zu werden und würden sich wünschen, dass ihnen dabei geholfen
wird, sich sicher zu fühlen. 9 von 10 Personen ist es wichtig, sich sicher zu fühlen und
ihre Meinung am Arbeitsplatz zu teilen.

Fast ein Drittel (31 %) gab an, dass kritische Meinungen zum Thema Vielfalt, Inklusion, Gleichberechtigung am Arbeitsplatz nicht gefördert werden. 60 % gab an, dass es Veranstaltungen und Initiativen am Arbeitsplatz gibt, um auf das Thema Gleichberechtigung aufmerksam zu machen. 90 % traut sich die eigene Meinung am Arbeitsplatz zu äußern und das geschlechter- und generationsübergreifend.

„Diversity-Management steht bereits durch den Generations- und Wertewandel auf vielen Agenden. Den österreichischen Unternehmen fehlt es jedoch oftmals noch an passenden Strategien und auch an Mut zur Umsetzung. Vielfalt zu leben ist persönlich, kulturell, aber auch unternehmerisch ein voller Gewinn für alle“, so Manisha Joshi.

Weconomy gründet Allyship Initiative

(Männliche) Verbündete sind ein zentraler Punkt in der erfolgreichen Implementierung von Diversity Equity & Inklusion im Unternehmen. Um dieses Miteinander zu fördern, starten wir die Allyship Initiative. Ziel ist es, in der heimischen Businesswelt aufzuklären: Wie findet man Verbündete im Unternehmen? Wie gewinnt man Männer für das Thema? Wie kann man selbst ein Ally sein?

Im Rahmen der Initiative sollen Rolemodels vor den Vorhang geholt und gemeinsam Mut für mehr Miteinander gemacht werden. „Zu Allyship gehört auch dazu, die Komplizenschaft ein Stück weit aufzugeben und ganz klar zu sagen: ‚Das finde ich nicht in Ordnung.‘ Dafür braucht es Mut und wiederum Mutmacher:innen. Wir wollen diese Mutmacher:innen sein und Vorbilder präsentieren, die zeigen, wie Allyship funktioniert“, so Hermann Sporrer.

Zur Umfrage

Die von weconomy und der Kommunikationsagentur Ketchum in Auftrag gegebene Studie liefert aktuelle Erkenntnisse dazu, wie wichtig den in Österreich lebenden Menschen Allyship am Arbeitsplatz ist. Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage des Marketagent Instituts, die im September 2023 unter 1000 Personen im Alter zwischen 14 und 75 Jahren in ganz Österreich durchgeführt wurde. Die Ausgangsstichprobe wurde gewichtet und ist repräsentativ für die österreichische Gesamtbevölkerung.

Weconomy- Diversity works!

Sheconomy gründete gemeinsam mit den Unternehmen Coca-Cola HBC, Goldman Sachs, Ketchum und PwC Österreich die Plattform weconomy – eine Initiative von und für Unternehmen zur Förderung von Vielfalt und Inklusion in der österreichischen Arbeitswelt. Gemeinsam bringen wir erfolgreiche Maßnahmen vor den Vorhang, um möglichst viele Unternehmen zu ermutigen, erste Schritte zu setzen.

Weconomy verstärkt den Fokus auf die Themenbereiche New Work, Fair Pay sowie die Förderung von gemischten Teams, die auch hinsichtlich Age, Disability, Ethnicity, Gender, LGBTIQ+ und des sozialen Backgrounds zusammengesetzt sind. Der Appell ist klar: Diversität ist nicht nur ein Frauen-Thema. Diversität umfasst so viel mehr und muss von allen in der Gesellschaft vorangetrieben werden. Mit weconomy werden aus Unternehmen Rolemodels: Mehr als 100 Unternehmen haben bereits ihre Initiativen zu mehr Diversität im Zuge der Diversity Leaders Challenge eingereicht. Die besten werden am 28. April im Rahmen der Minerva Awards prämiert.

Über Ketchum

Ketchum ist die wohl unkonventionellste Kommunikationsberatung des Landes: Für ihre Kund:innen aus nahezu allen Branchen verbinden das 35-köpfige Team strategisches Denken mit preisgekröntem Ideenreichtum und 1a Umsetzungsstärke. Das Spektrum reicht von Medienarbeit bis Influencer Relations, von Krisenkommunikation bis zu Integrierten Kampagnen, von Mitarbeiter-Kommunikation und Employer Branding bis zu (Social) CEO-Positioning. Ketchum Publico ist Teil von Ketchum, einer der weltweit führenden Communication Consultancies mit 100 Standorten in 70 Ländern.

Gipfeltreffen der Diversity Leader

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Beginnen wir mit einer schlechten Nachricht: 57 Prozent der österreichischen Unternehmen haben kein DEI-Budget, und nur acht Prozent wollen dies ändern. Die gute Nachricht aber ist, dass es auch eine beträchtliche Zahl an “First Movers” gibt, die längst erkannt haben, dass die Förderung von Vielfalt maßgeblich zum Unternehmenserfolg beiträgt. Außerdem treten ab Jänner 2024 die EU-weiten ESG-Regelungen in Kraft, die (zunächst) Großunternehmen dazu zwingen, ihre Fortschritte transparent zu machen.

Diversität als Zukunftsthema

Dass Diversität ein Zukunftsthema ist, darüber waren sich gestern beim Diversity Leader Circle bei PwC im DC Tower alle einig. Über 100 Diversity Verantwortliche und Entscheider:innen haben sich über ihre Erfahrungen und Best Practices rund um Allyship und DEI ausgetauscht. 

Zum Startschuss am Nachmittag boten Workshops zu fünf aktuellen DEI-Themen die Möglichkeit, von und mit Mitstreiter:innen dazuzulernen und Ideen auszutauschen. Jutta Perfahl-Strilka und Johanna Schaller von PwC widmeten sich dem Thema ESG-Reporting, Julia Kreyler-Valsky und Seon-Young Rang von Inclusion Indicator referierten über inklusives Employer Branding, Anke van Beekhuis erklärte den Zusammenhang von Inklusion und dem Fachkräftemangel, Martina Ernst behandelte die Themen Fair Pay und Lohntransparenz, Julia Krenmayer sprach über altersgemischte Teams und last but not least behandelten sheconomy CEO Hermann Sporrer und Manisha Joshi von Ketchum das Thema “Allyship”.

Studie: Wie solidarisch ist Österreich am Arbeitsplatz?

Das Abendprogramm startete mit der Präsentation der Ergebnisse einer österreichweiten Studie von weconomy in Kooperation mit der Kommunikationsagentur Ketchum zum Thema Solidarität im Job.

Ein Auszug der spannendsten Erkenntnisse:

  • 10 % der österreichischen Männer und 23 % aller Frauen bezeichnen sich als Feminist:in.
  • Die Hälfte (52 %) aller Männer schreitet ein, wenn ein Mitarbeitender in Anwesenheit einer weiblichen Kollegin einen sexistischen Witz macht.
  • Bei homophoben Äußerungen würden 72 % der Frauen und 65 % der Männer einschreiten, bei rassistischen Witzen bzw. Verwendung des „N-Wortes“ nur mehr 57 % der Frauen und 45 % der Männer
  • 60 % der Befragten geben an, dass es Veranstaltung zur Förderung des Themas „Vielfalt, Inklusion und Gleichberechtigung“ am Arbeitsplatz gibt.

Diversity Drives Business Strategy

Um die Frage, warum Diversität eines der Zukunftsthemen in Unternehmen ist, drehte sich der von Chefredakteurin Michaela Ernst moderierte Roundtable. Die Diskutant:innen Robert Kaup, Managing Director von Tietoevry Österreich, Silvia Kaupa-Götzl, Vorständin der Postbus AG, Ina Herzer, Geschäftsführerin von MSD Österreich, Nicole Prieller, GF Consulting bei PwC Austria, und Kambis Kohansal Vajargah, Head of Start-up-Services WKO gaben wertvolle Einblicke zum Thema “Diversity Drives Business Strategy”. Folgende Key Learnings konnten die Zuhörer:innen mitnehmen.

“Ich fühle mich, als würde ich einen Öltanker anschieben.”

  • Top-Down: DEI muss vom Top-Management vorangetrieben werden, dafür braucht es das Verständnis, dass Diversität einen Wettbewerbsvorteil bietet; Um nachhaltige Veränderung zu schaffen, muss es in der Unternehmensstrategie verankert werden, die Instrumente dafür sind schon vorhanden.
  • Bottom-up: Es braucht einen vorgegebenen Rahmen von oben, aber auch eine konkrete Zielsetzung, die jeder versteht. Daher muss DEI auch vom Team vorangetrieben werden.
  • Veränderung braucht Zeit: Führungskräfte müssen zum Thema hingeführt werden; Man muss sich überlegen, wie man die ganze Belegschaft, vor allem auch die Männer, mit auf die Reise nehmen kann. Und das braucht Zeit, wie Silvia Kaupa-Götzl anschaulich betonte: “Ich fühle mich, als würde ich einen Öltanker anschieben”.
  • Awareness: Ein wichtiger Schritt ist es, Awareness für die unterschiedlichen Dimensionen von Diversität zu schaffen. Viele kleine Schritte können dieses Bewusstsein schaffen. Dazu gehört auch, offen anzusprechen, was geändert werden muss.
  • Unternehmenskultur: In Zeiten, wo Gesellschaft und Politik wenig Solidarität zeigen, ist das Miteinander in Unternehmen umso wichtiger. Gleichzeitig ist es eine der größten Herausforderungen, nachhaltige Veränderungen in der Unternehmenskultur herbeizuführen. Ziel sollte sein, dass alle Stimmen gehört werden und Menschen sich sicher fühlen, Dinge offen anzusprechen.
  • “Mutig sein ist nicht selbstverständlich”: So lautete das Schlussstatement von Nicole Prieller. Der Kern von Allyship ist es, bewusst einzugreifen, aktiv zu werden und für andere einzustehen. Je mehr Menschen ihre Rolle als Ally verstehen, desto leichter wird es für andere mitzumachen.

Den Abschluss bildete eine offene Diskussionsrunde mit Stimmen aus dem Publikum, moderiert von Alexandra Singer. “First Movers”, darunter Herbert Bauer (Coca-Cola HBC), Sandra Straka (Goldman Sachs), Maciej Tadeusz Palucki (Boku) und Katharina Miller (Jobtwins), berichteten über ihre Learnings und Best Practices beim Thema Allyship. 

Out now: weconomy Österreich und Deutschland

Parallel zum Event ist das neue weconomy Magazin erschienen, das als Spezialausgabe der sheconomy als letztes Heft des Jahres gelauncht wird. Erstmals gibt es neben der österreichischen auch eine deutsche Ausgabe unter der redaktionellen Leitung von Dagmar Zimmermann. Das Cover ziert Unternehmerin Dr. Irène Y. Kilubi. Sie setzt sich dafür ein, Generationen zu verbinden und erklärt im Interview, warum sie sich dem Thema Altersdiversität widmet. In der Coverstory der Österreich Ausgabe von Chefredakteurin Michaela Ernst diskutieren Sonja Wehsely, Kuntal Baveja, Manisha Alexandra Joshi und Kambis Kohansal Vajargah über Diversität und Solidarität. Das Magazin ist ab sofort in ausgewählten Kiosken in Österreich und Deutschland und in unserem Shop erhältlich, selbstverständlich auch als E-Paper oder Geschenkgutschein. 

Und zu guter Letzt war das Event auch der Kick off für die Diversity Leaders Challenge. 30 Unternehmen, die ihre DEI-Initiativen eingereicht haben, stehen auf der Shortlist. Nun ist die Fachjury am Zug, die spannendsten Ideen zu ermitteln. Die beiden besten Initiativen werden bei der Minerva-Gala am 28.04. ausgezeichnet.

Danke an alle Mitstreiter:innen

Im Namen des ganzen she/weconomy Teams bedanken wir uns recht herzlich bei unseren Partnern PwC Österreich, Coca-Cola HBC, Goldman Sachs und Ketchum Österreich und bei allen, die dabei waren.

Aftermovie


ESG-Reporting: Zwischen Fortschritt und Herausforderung

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In der heimischen Wirtschaft findet eine bemerkenswerte ESG-Transformation statt, mitunter getrieben von den regulatorischen Anforderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Das zeigen die Ergebnisse des ESG Performance Rankings 2023 von PwC Österreich. Es bietet Einblicke in den Fortschritt in puncto Umwelt, Soziales und Governance (ESG) aus den 155 umsatzstärksten Unternehmen des Landes. Die Analyse, die unter Berücksichtigung der neuen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) basiert, gibt Aufschluss über die heimische ESG-Transformation. Augenmerk der Methodik lag dabei nicht nur auf der Transparenz der Nachhaltigkeitsberichterstattung, sondern vor allem auf einer messbaren Verbesserung in den Bewertungskriterien gegenüber den letzten Jahren.

Die Studie zeigt: Börsennotierte Unternehmen sind mit einer durchschnittlichen ESG-Performance von 44 Prozent führend, im Vergleich zu 18 Prozent bei nicht-börsennotierten Unternehmen. Das unterstreicht die wachsende Bedeutung von regulatorischen Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeitsreporting und -management. Trotz der leichten Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, liegt die durchschnittliche ESG-Performance aller Unternehmen bei 26 Prozent. 27 Prozent der untersuchten Unternehmen erreichten null Punkte (2022: 33 Prozent). Sie zeigten somit keine Transparenz in den analysierten Kriterien. Es gibt also „Room for Improvement“.

Ein Vergleich der Branchen

Der Sektor Technologie, Medien & Telekommunikation (TMT) führt mit einer durchschnittlichen Punktzahl von 40 Prozent, während die Transport- und Logistikbranche mit nur 18 Prozent das Schlusslicht bildet. Das zeigt, dass die Transformation hin zu nachhaltigem Wirtschaften und der Wandel des Nachhaltigkeitsberichtswesen in den diversen Industrien mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten voranschreiten. Einzelne Unternehmen stechen positiv hervor. So erreichte zum Beispiel die Raiffeisen Bank International AG (RBI) im Finanzsektor Spitzenwerte, während die Wienerberger AG im Bereich Infrastruktur und Bauwesen führend ist.

Bedeutung und Status quo der Berichtspflichten

Mit der Einführung der CSRD in den kommenden Jahren wird die Transparenz und Vergleichbarkeit der ESG-Performance weiter zunehmen. Konkret müssen knapp über hundert Unternehmen, jene die bisher bereits unter dem Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) berichten mussten, im Jahr 2025 für das Geschäftsjahr 2024 erstmals nach der neuen CSRD berichten. Im Jahr 2026 folgen ca. weitere 1.400 Unternehmen, später auch börsennotierte KMU. Das wird seitens Kreditgeber:innen, Investor:innen, Kund:innen und Mitarbeitenden veränderte Entscheidungen bewirken. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, nicht nur ihre Reporting-Standards zu verbessern, sondern auch tatsächliche Fortschritte in ihren ESG-Bemühungen zu erzielen. In der Praxis sehen wir jedoch, dass die viel höheren und strengen Vorgaben im Vergleich zur bisherigen Berichtspflicht oft unterschätzt werden und das ESG-Reporting zu spät – oder mit zu wenig Ressourceneinsatz – angegangen wird.

Was müssen Unternehmen tun?

Innerhalb vieler Unternehmen wird noch immer der Ansatz gewählt, dass eine Person allein das Thema Nachhaltigkeit und ESG “umgehängt” bekommt und alles lösen soll. Dabei wird die hohe Komplexität des Themas und die stark wachsenden Anforderungen durch die Regulierung aber eben auch dem Markt und in der Finanzierung übersehen. Um ESG in die Unternehmensstrategie zu verankern, braucht es mehr als eine Person – es braucht vielmehr ein breites Upskilling in allen Unternehmensbereichen. Hier sehen wir noch hohen Aufholbedarf am Markt. Bei großen Unternehmen wird es beispielsweise nicht genügen, ein Viertel Full Time Employee Equivalent (FTE) für das ESG-Reporting abzustellen, wenn man für die finanzielle Berichterstattung zehn Personen hat. Denn das ESG-Reporting wird in den kommenden Jahren auf dieselbe Augenhöhe gehoben wie die Finanzberichterstattung – somit müssen sich hier die Ressourcen auch anpassen. Es gilt: ESG ist kein “One Man“ oder „One Woman”-Thema. Es braucht viele verschiedene Rollen, die ineinandergreifen.

Mehr Infos zur Studie: https://www.pwc.at/de/sustainability-esg/pwc-esg-ranking-2023.html

Zur Autorin:

Agatha Kalandra ist Vorstandsmitglied und Partnerin von PwC Österreich. Sie leitet die Bereiche Sustainability-Consulting sowie Finance-Transformation. Nach langjährigem Engagement in der Telekommunikationsbranche ist Kalandra seit 2010 für PwC tätig. Sie verfügt über einen MBA in Controlling und Finance.

How to: Barrierefrei posten auf Social Media

Postingtext

Verständlichkeit: Schreiben Sie kurze Texte in einfacher Sprache und vermeiden Sie Schachtelsätze und Fremdwörter.

Schriftart: Schriften ohne Serifen wie Verdana oder Arial sind für Menschen mit Sehbehinderungen besser lesbar.

Sparsam mit Emojis: Der Screenreader liest die Bedeutungen von Emojis vor, zu viele verlängern den vorgelesenen Text.

Hashtags: Um die Lesbarkeit zu verbessern, schreiben Sie jeden Anfangsbuchstaben eines neuen Wortes groß. (z.B.: #DiversityLeadersChallenge)

!B oder #Bildbeschreibung: Verwenden Sie !B oder #Bildbeschreibung, um anzuzeigen, dass Sie einen Alternativtext hinzugefügt haben.

Alternativ-Text bei Bildern und Grafiken

Um sicherzustellen, dass Postings für Menschen mit Sehbehinderungen barrierefrei sind, ist es wichtig, dass Bilder und Grafiken einen sogenannten Alternativtext enthalten. Dieser Alt-Text sollte den Inhalt der Bilder möglichst kompakt und neutral beschreiben.

Zum Beispiel: „Grafik mit einer Checkliste für Barrierefreies Posten auf Social Media mit folgenden Punkten: einfacher, klarer Postingtext, Groß- und Kleinschreibung bei Hashtags #PurpleLightUp“, Alternativtext, Kontraste, Video-Untertitelung hinzugefügt. Darunter sind die Logos von LinkedIn, Twitter, Instagram, Facebook und YouTube.“

Grafik mit einer Checkliste für Barrierefreies Posten auf Social Media mit folgenden Punkten: einfacher, klarer Postingtext, Groß- und Kleinschreibung bei Hashtags #PurpleLightUp“, Alternativtext, Kontraste, Video-Untertitelung hinzugefügt. Darunter sind die Logos von LinkedIn, Twitter, Instagram, Facebook und YouTube.

Zwei-Sinne-Prinzip bei Videos

Achten Sie bei Videos, etwa für YouTube oder Instagram auf das Zwei-Sinne-Prinzip. Alle relevanten Informationen sollten mindestens zwei Sinne ansprechen, zum Beispiel Hören und Sehen. Dies kann durch Untertitelung für Menschen mit Hörbehinderungen oder Audiodeskriptionen für seheingeschränkte und blinde Menschen erreicht werden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Videos automatisch zu untertiteln. YouTube bietet beispielsweise eine automatische Untertitelungsfunktion an, die jedoch oft eine Überarbeitung hinsichtlich Groß- und Kleinschreibung sowie Satzzeichen erfordert. Es ist empfehlenswert, weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund zu verwenden, um die Lesbarkeit zu verbessern. Darüber hinaus gibt es auch Apps wie Captions-App, die eine automatische Untertitelung von gesprochenen Story-Inhalten ermöglichen.

Checkliste für barrierefreie Postings

  • Einfacher, klarer Postingtext
  • Groß- und Kleinschreibung bei Hashtags
  • Alternativtext
  • Kontraste gecheckt
  • Video-Untertitelung hinzugefügt

Quelle: myAbility

Sprechen Sie Ally?

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Ableismus

Der Begriff basiert auf dem Englischen „to be able“. Man versteht darunter die strukturelle Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Dabei werden zwei Arten unterschieden: Die Abwertung der Person durch Ungleichbehandlung und die diskriminierende Aufwertung – wenn ein Mensch die Rückmeldung bekommt, dass er trotz seiner Behinderung fähig zu etwas Bestimmtem sei.

Blackface

Wenn sich eine weiße Person das Gesicht mit brauner oder schwarzer Farbe bemalt, um auf der Bühne eine schwarze Figur zu spielen, wird von Blackfacing gesprochen. Der Begriff geht auf die Minstrel Shows zurück, die in den 1820er Jahren Sprache, Tanz und Alltag von Afroamerikaner:innen karikierten. Während Blackface in den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend als rassistisch erkannt wurde, geriet es in Mitteleuropa erst 2010er Jahre stark in die Kritik. Auch das Schwarzschminken im Rahmen anderer Traditionen wie z. B. beim Sternsingen, fällt unter Blackfacing.

cis

„cis“ heißt auf lateinisch „diesseits“. Damit wird bezeichnet, dass sich ein Mensch mit dem Geschlecht identifiziert, das ihm spätestens bei der Geburt aufgrund seiner sichtbaren körperlichen Geschlechtsmerkmale zugewiesen wird. Das Wort wird seit den Neunzigern als Gegenstück zu „trans“ verwendet, um deutlich zu machen, dass das Gegenteil von trans nicht einfach „normal“ ist. Wichtig: „cis“ hat nichts mit sexueller Orientierung zu tun.

Deadname

Wenn Transpersonen ihr biologisches Geschlecht ihrem empfundenen angleichen, ändern sie zumeist auch ihren Vornamen. Der Name, den ihre Eltern ihnen bei der Geburt gaben, ist dann „tot“. Sie trotzdem noch mit diesem Namen anzusprechen oder ihn zu erwähnen, gilt als respektlos.

Flinta*

Dieses Akronym bezeichnet Frauen, Lesben, Intersexuelle, Nonbinäre, Transgender und Agender (geschlechtslose Menschen). Der angehängte Asterisk dient als Platzhalter für alle Personen, die sich in keinem der Buchstaben wiederfinden, aber dennoch von Marginalisierung betroffen sind.

Hybridität

Damit werden Identitäten bezeichnet, deren Elemente aus verschiedenen kulturellen Kontexten stammen. So können etwa bei migrierten Menschen verschiedene kulturelle Phänomene miteinander vermischt werden, sodass von einer „migrantischen“ Kultur gesprochen wird. Dabei handelt es sich nicht um Übergangsphänomene, sondern um eine eigene soziale Wirklichkeit.

Kulturimperialismus

Darunter wird die zielstrebige und systematische Ausweitung eines kulturellen Macht- und Einflussbereiches verstanden. Andere kulturelle Erfahrungsräume werden verdrängt und untergeordnet. Kulturimperialismus zeigt sich etwa, wenn weiße Menschen BIPoC* ihre Rassismuserfahrungen absprechen oder wenn eine Einrichtung Religion zur Privatsache erklärt, sich aber gleichzeitig nach nur christlichen Feiertagen richtet.

Marginalisierung

So wird die Verdrängung von Individuen oder Bevölkerungsgruppen an den Rand der Gesellschaft genannt. Die Verdrängung kann unter anderem geografisch, wirtschaftlich, sozial oder kulturell sein. In den meisten Fällen findet sie auf mehreren Ebenen gleichzeitig statt. Marginalisierung beinhaltet den Verlust von Ressourcen, Einflussmöglichkeiten sowie Status und kann sich auf die psychische und körperliche Gesundheit auswirken. Dabei sind nicht nur Minderheiten betroffen. Ein Beispiel: In einer patriarchalen Gesellschaft wird Weiblichkeit marginalisiert, obwohl Frauen keine Minderheit sind.

People of Color (PoC)

Hier handelt es sich um eine Selbstbezeichnung für Menschen (Person of Color) oder Communities (People of Color), die Rassismus erfahren. Die eigentliche Hautfarbe der Betroffenen spielt dabei keine zentrale Rolle. Der Begriff zielt darauf ab, die Strategie der weißen Dominanzgesellschaft des Teilens und Herrschens zu unterlaufen, die rassifizierte Gruppen gegeneinander ausspielt, indem sie sie hierarchisiert und ihnen unterschiedliche Privilegien gewährt. Ebenfalls häufig verwendet wird das Akronym BIPoC, das die spezifischen Erfahrungen schwarzer und indigener Menschen betont.

Powersharing

Die wörtliche Übersetzung ist „Macht teilen“. Beim Powersharing geht es darum, dass sich privilegierte Menschen ihrer Vorteile bewusst werden und ihre Privilegien mit Menschen zu teilen, die benachteiligt werden – etwa, indem man seinen Einfluss nutzt, um Plattformen für diese Personen zu schaffen, oder dadurch, dass man Räume zur Verfügung stellt, die marginalisierten Menschen als Schutzraum dienen können.

Safe Space

Safe Spaces sind – analoge oder digitale – Räume, in denen sich Personen sicher fühlen und in denen sie ihre Diskriminierungserfahrungen teilen und sich gegenseitig empowern können.

Sekundärer Rassismus

Der Sozialarbeiter und Rassismusforscher Claus Melter hat diesen Begriff eingeführt. Er bezeichnet die Abwehrhaltung rassistisch nicht diskreditierbarer Menschen dagegen, Rassismuserfahrungen zu thematisieren, ihn als gesellschaftliche Normalität anzuerkennen, sich mit Rassismusvorwürfen reflektiert auseinanderzusetzen und bei diesem Thema Verantwortung zu übernehmen.

weiß

Schreibt man weiß kursiv und klein, ist damit nicht unbedingt die Hautfarbe eines Menschen gemeint, sondern seine Positionierung in einer rassistisch strukturierten Gesellschaft.

White Washing

Damit wird eine Praxis in der Film- und Theaterbranche beschrieben, die bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts kaum hinterfragt wurde: Nicht-weiße Charaktere werden mit weißen Schauspieler:innen besetzt oder weiße Figuren erfunden, um die Geschichte dann aus ihrer Perspektive zu erzählen. Auf diese Weise werden BIPoC* unsichtbar gemacht. Das umgekehrte Verhältnis – weiße Charaktere werden mit BIPoC* Schauspieler:innen besetzt – hat dagegen Seltenheitswert.

“100 % Behinderung heißt nicht 0 % Leistungsfähigkeit.”

Liebe Lena Öllinger, wie ist Ihr Werdegang und wie sind Sie zu myAbility gekommen?

Ich bin jetzt seit März 2018 bei MyAbility. Davor war ich in unterschiedlichen Funktionen tätig. Zuerst im Handel, dann bin ich kurz in eine Anwaltei, danach habe ich in den Sozialbereich gewechselt zur Caritas und habe dort die unterschiedlichsten Führungsebenen durchlebt. Dann habe ich eine Management-Ausbildung gemacht und gewechselt und war fünfeinhalb Jahre CEO einer großen Gesundheits GmbH der Stadt Wien. Dort musste ich leider aufhören, weil meine Behinderung so weit fortgeschritten ist, dass ich diese 24/7 Erreichbarkeit und die vielen Stunden als CEO nicht mehr geschafft habe. Ich habe das Usher-Syndrom, ich wurde mit einer Hörminderung geboren und bin mittlerweile seit ca. 10 Jahren taub. Und ich bin auf einem Auge blind, auf dem anderen sehe ich 2 Prozent.

Barrierefreiheit ist ganz wichtig, aber die allergrößte Barriere sind die Köpfe, die Haltung der Menschen.

Am 3. Dezember ist der Tag der Menschen mit Behinderungen, im Zuge dessen startet auch die Purple Light Up Kampagne. Worum geht es bei dieser Kampagne und was ist ihr Ziel?

Genau, am 3. Dezember ist der internationale Tag für Menschen mit Behinderungen, an dem darauf aufmerksam gemacht werden soll, wo es Menschen mit Behinderungen überhaupt gibt, denn viele werden ja gar nicht gesehen, dass die Menschen Barrieren vorfinden in der Umgebung und dass nicht die Behinderung die Behinderung ist, sondern die fehlende Barrierefreiheit. Also, wenn ich mit einem Rollstuhl fahre und ich habe vor mir drei Stufen, die ich überwinden muss, ist die Behinderung jene, dass ich mit diesem Rollstuhl nicht hinauf fahren kann. Wenn dort eine Rampe ist, kann ich hinauf fahren und bin auch nicht mehr behindert.

Das gilt für verschiedenste Lebensbereiche. Barrierefreiheit ist ganz wichtig, aber die allergrößte Barriere sind die Köpfe, die Haltung der Menschen. Und somit ist dieser Tag extrem wichtig für die Community. Die britische Organisation Purple Space hat mit Kate Nash den Purple Light Up Day ins Leben gerufen, um Unternehmen, Kommunen, Länder und Staaten dafür zu gewinnen, ein sichtbares Zeichen zu setzen. Und zwar so, dass man Gebäude oder Kunstwerke lila anstrahlt, damit man schöne Bilder erzeugt, die um die Welt gehen. Und weil das in England wahnsinnig erfolgreich gewesen ist, hat es sich sehr schnell weltweit ausgedehnt. Im deutschsprachigen Raum koordiniert myAbility die Kampagne, wo Unternehmen kostenlos mitmachen und Zeichen setzen können.

Ich darf seit fast zwei Jahren Botschafterin sein, Purple Light Up Ambassador, um für die Aktion zu werben, Unternehmen zu finden, und auch Rat und Tat zu unterstützen, beziehungsweise auch mein Wissen und die eigene Erfahrung zur Verfügung stellen, damit das Thema in den Unternehmen und in den staatlichen Organisationen präsenter wird.

Was ein Mensch mit Behinderung leisten kann, kann man von außen nie erkennen.

Wie können Unternehmen aktiv an der Purple Light Up Kampagne teilhaben und was ist ihre wichtigste Massage?

Das ist ganz einfach, auf unserer Website gibt es einen Link, da registriert man sich und dann ist man schon dabei. Natürlich sollte man auch aktiv was machen. Die ursprüngliche Idee von Purple Light Up war ja, etwas anzustrahlen, aber das geht oft gar nicht bzw. plädiere ich sogar dafür, dass man dafür keine Energie verschwenden soll, sondern dass man auch im Kleinen Zeichen setzt. Viele Unternehmen haben zum Beispiel ein eigenes Banner auf der Webseite oder sie machen einen Beitrag auf Social Media. Der sechste Wiener Bezirk hängt zum Beispiel lila Stoffe ins Fenster des Amtsgebäudes, das hat nicht viel gekostet und ist ein schönes Zeichen und ein wichtiges Statement. So kleine, einfache Aktionen zeigen, dass jeder mitmachen kann und sie zeigen Haltung für Menschen mit Behinderung: Nämlich, dass sie im Fokus stehen und nicht am Rand, also praktisch ein Zeichen für Inklusion.

Die wichtigste Message ist die Selbstständigkeit, also die wirtschaftliche Selbstbestimmtheit, dass ich arbeiten kann, wo ich will und nicht, was mir vorgegeben wird, dass mir niemand ansehen kann, “die kann ja nicht am Computer arbeiten”. Natürlich arbeite ich am Computer, ich arbeite eben mit Hilfsmitteln. Was ein Mensch mit Behinderung leisten kann, kann man von außen nie erkennen.

In meinem Gutachten zur Arbeitsfähigkeit steht zum Beispiel drinnen, dass ich einen hundertprozentigen Grad der Behinderung habe und dass ich maximal noch Preisetiketten in einer geschützten Werkstätte kleben kann. Geschützte Werkstätten bedeuten null Prozent Leistungsfähigkeit, das ist eine Beschäftigungstherapie und keine Arbeit. Ich mache meinen Job wie alle meine Kolleg:innen auch. 100 Prozent Behinderung heißt nicht null Prozent Leistungsfähigkeit. Darauf aufmerksam zu machen, ist ganz wichtig.

Alle aus unserer Community haben schlechte Erfahrungen bei Bewerbungen.

Mit welchen Barrieren und Vorurteilen sind Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt konfrontiert?

Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung ist doppelt so hoch und bei Frauen sogar noch höher. Die Gründe dafür sind zum einen sehr viele Vorurteile und zum anderen sehr schlecht beschriebene Jobs. Das heißt, alle aus unserer Community haben schlechte Erfahrungen bei Bewerbungen. Weil wenn man da reinschreibt, “ich habe eine Behinderung”, oder spätestens beim ersten Gespräch, hat man schon zu 99 Prozent ein Nein.

Und deswegen bewerben sich viele nur, wenn es für sie klar ist, dass das Unternehmen weiß, was es tut und dass es für Menschen mit Behinderung offen ist. Dafür muss man sehr viel recherchieren, zum Beispiel auf der Webseite. Auch die Ausschreibung gibt einiges her, wenn da zum Beispiel steht, Menschen mit Behinderung werden eingeladen, sich zu bewerben oder an wen man sich wenden kann, wenn es Fragen zur Barrierefreiheit gibt. Das ist auch keine Bevorzugung. Und allein dieser Hinweis reicht aus, dass die Bewerber:innen sagen, ja, da probiere ich es.

Und dann kommt die zweite Hürde, nämlich wenn ich mir anschaue, was muss ich tun? Ich muss es ja einschätzen können. Wenn ich mir Stellenausschreibungen ansehe, dann steht da im Anforderungsprofil, stressfrei sein, belastbar, kommunikativ, teamfähig, aber man weiß nicht, was eigentlich genau zu tun ist. Wenn da aber verlangt ist, dass ich einen Tag pro Woche zu einem anderen Standort fahren muss, wo es vielleicht keinen öffentlichen Verkehr gibt, also wo ich mit dem Auto anreisen müsste, dann kann ich das nicht machen. Nicht, weil ich die Arbeit nicht kann, sondern weil ich nicht Auto fahren kann. Und das sind einfach so klassische Fehler. Wenn ein Job gut beschrieben ist, dann ist die Einschätzung auch leichter, schaffe ich das oder schaffe ich es nicht.

Können Sie uns einen kleinen Überblick geben, wie Österreichs Unternehmen in Sachen Inklusion und Barrierefreiheit dastehen? Gibt es positive Beispiele, die herausstechen?

Da gibt es ganz, ganz große Unterschiede. Tendenziell haben wir allgemein bei der Barrierefreiheit ein Stadt-Land-Gefälle. Die Stadt Wien ist sehr barrierefrei, auch international gesehen. Sie ist eines der Vorbilder, gerade was den öffentlichen Verkehr betrifft oder Blindenampeln und abgesenkte Gehsteigkanten. In anderen Bundesländern gibt es zum Beispiel gar nichts, oder fast nichts. Und genauso ist es auch bei Unternehmen, egal ob es große oder kleine sind. Es gibt auch Kleinunternehmen, die wahnsinnig inklusiv und barrierefrei sind, und es gibt Großkonzerne, die es nicht sind. Aber tendenziell kann man sagen, dass immer mehr Konzerne erkennen, dass Inklusion ein Vorteil für sie ist. Stichwort Fachkräftemangel.

Immer mehr Konzerne erkennen, dass Inklusion ein Vorteil für sie ist.

Ein Pharmakonzern hat Chemiker:innen und Laborant:innen gesucht, die konnten nicht besetzt werden, weil sich keiner beworben hat. Über unsere Jobplattform ist dann jemand eingestellt worden. Das sind Erfolge, weil eine andere Zielgruppe erschlossen wird. Die ganzen ESG-Maßnahmen, das Berichtswesen, die Nachhaltigkeit, Code of Contract, wo nicht nur geschaut wird, wie nachhaltig ein Unternehmen ist, sondern auch wie inklusiv es ist, das muss im Bericht tatsächlich erwähnt sein. Auch aus diesem Grund wird mehr gemacht, aber natürlich auch aus gesellschaftlicher Verantwortung. Es ist eine Vielfalt von Gründen und somit geht das schon in die richtige Richtung, aber es ist noch ganz viel zu tun.

Wenn man sich den deutschsprachigen Raum anschaut, ist Deutschland auch eine Großbaustelle. Es gibt natürlich Dinge, die viel besser sind, aber auch einige, die viel schlechter sind als in Österreich, das kann man nicht so generell sagen. Meine Kunden sind hauptsächlich Großkonzerne und staatliche Einrichtungen und wenn ich mir zum Beispiel die ÖBB anschaue, dann ist sie ein Role Model, wie man Inklusion lebt. Natürlich haben sie es viel früher lernen müssen, weil es ganz viele Arbeitsunfälle gab und sie diese Personen nicht kündigen wollten, aber trotzdem machen sie ganz viel im Bereich der Inklusion. Auch die Bank Austria beschäftigt sich schon seit 15 Jahren mit dem Thema Inklusion und Barrierefreiheit. Da sind wirklich alle Filialen barrierefrei, es gibt gebärdensprachkompetente Bankberater:innen, am Telefon geht es mit Gebärdensprache und die Automaten sind für Blinde und Sehbehinderte gut nutzbar.

Auch bei staatlichen Gebäuden, zum Beispiel beim Parlament, sieht man, dass es ganz wichtig ist, inklusiv und barrierefrei zu bauen. Zum einen durch den Umbau, aber zum anderen auch, dass Ganze inklusiv zu betreiben. Das heißt, dass Sitzungen, Ausstellungen und alles, was sie anbieten, barrierefrei ist. Und da sieht man schon, dass viel passiert. Auf der anderen Seite gibt es wieder öffentliche Gebäude, die gar nicht barrierefrei sind oder ganz viele Fehler haben. Das hängt natürlich ganz stark von den handelnden Personen ab, wie engagiert sind sie und vor allem von der Geschäftsführung.

Wenn die Geschäftsführung nicht dahintersteht, hat man ein Problem in der Umsetzung. Es gibt immer Widerstände, „das haben wir immer so gemacht“. Führungskräfte müssen sich vielleicht auch mit anderen Themen auseinandersetzen. Veränderung ist für Menschen schwierig. Das ist ein großes Hindernis. Auch ein ganz wichtiger Punkt ist, dass Inklusion und Barrierefreiheit ein ständiger Prozess sind. Natürlich ist der Aufwand am Anfang höher, weil wenn man schon Awareness hat, funktioniert das auch leichter, aber es ist nie fertig.

Warum haben Unternehmen Bedenken und was sind die Hauptgründe für die geringe Bereitschaft, Menschen mit Behinderungen anzustellen?

Das erste ist, „wir sind nicht barrierefrei“. Das kann man natürlich ändern. Aber auf der anderen Seite geht es auch um Wissen. 18,4 Prozent der Österreicher:innen haben laut Statistik Austria eine Behinderung. Nur 0,5 Prozent der Bevölkerung nutzen einen Rollstuhl. Das ist der verschwindendste Teil. Das heißt, es sind noch 17,9 Prozent an Menschen mit Behinderung, die nicht diese Rampe und diesen Lift brauchen. Das typische Bild ist Rollstuhl und Blindenstock, aber das zusammen sind nicht einmal 3 Prozent von diesen fast 20 Prozent. Zum Beispiel Epilepsie, Diabetes, diverse chronische Krankheiten können auch in gewissem Grad eine Behinderung sein, die relevant sein können für die Arbeit. Aber das wird natürlich nicht gesehen.

Menschen mit Behinderung können alles sein, so wie die ganze Gesellschaft.

Der zweite ganz große Mythos ist die Leistungsfähigkeit. Menschen mit Behinderung werden als anstrengend gesehen, weil sie viel mehr Aufmerksamkeit brauchen, viel mehr Krankenstände brauchen, weil sie nicht leisten können, und das sage ich jetzt bewusst, “wie ein normaler Mensch”. Und dann gibt es natürlich immer wieder Sätze wie, „wir haben einmal so eine schlechte Erfahrung gemacht mit …“

Menschen mit Behinderung sind nicht arme, bemitleidenswerte Leute, die immer lieb sind. Menschen mit Behinderung können alles sein, so wie die ganze Gesellschaft. Es gibt nette, es gibt fleißige, es gibt faule, es gibt dumme, gescheite. Dieses Bild ist einfach falsch, was da gezeigt wird und was von der Öffentlichkeit auch so übernommen wird. Wenn ein Unternehmen schlechte Erfahrungen mit einer männlichen Führungskraft gemacht hat, wird es auch nicht sagen, wir stellen keine Männer mehr ein.

Was könnte zu einem positiven Wandel in Richtung Inklusion und Barrierefreiheit beitragen?

Es braucht mehr Awareness. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Punkte. Was aber auch ganz wichtig ist, ganz viele Menschen haben eine Unsicherheit. Wie geht man mit Menschen mit Behinderung um? Kann man sie darauf ansprechen? Mein Blindenstock hat schon oft Berührungsängste ausgelöst. Und ich glaube, Sensibilisierungstrainings sind wichtig für den Umgang und um zu lernen, wie spreche ich Menschen an.

Auch über Sprache kann man ganz viel beitragen, dass man einen wertschätzenden, respektvollen, achtsamen Umgang pflegt. Am besten ist immer zu denken, wie möchte ich selbst behandelt werden? Wenn ich irgendwo etwas unterschreiben muss, passiert es mir sehr oft, dass die Person hinter dem Tresen mir den Stift aus der Hand nimmt und selber unterschreibt. Man kann mich fragen, soll ich für Sie unterschreiben, das ist natürlich ok. Aber einfach aus der Hand nehmen und machen, das ist nicht selbstbestimmt. So etwas muss wahrgenommen werden.

Unsicherheit ist die größte Hürde und die größte Barriere.

Und ich sage nicht, dass die Menschen dumm sind oder Vorurteile haben. Vorurteile schon, aber jetzt eher positive Vorurteile. Das ist einfach das Bild der Gesellschaft und die Unsicherheit. Und diese Unsicherheit ist die größte Hürde und die größte Barriere, die wir in der Gesellschaft haben.

Wie kann man den Menschen diese Unsicherheit nehmen?

Es ist so, dass wir eher noch in der Welt der Integration sind, wo wir für Menschen mit Behinderungen quasi so eine eigene Ecke geschaffen haben, wo die Sonderschulen drin sind, die Werkstätten und die besonderen Jobs. Manche Unternehmen haben immer noch blinde Leute, die immer ans Telefon gehen.

Wenn wir eine Inklusion haben, dann begegnet man sich immer wieder und man merkt und lernt, miteinander umzugehen. Wir sehen es bei Unternehmen, die eine sehr hohe Quote haben an Menschen mit Behinderung, da ist es einfach, weil es ein anderes Miteinander gibt.

Und dann ist es wichtig, bei den Schulen anzusetzen. Es ist ganz wichtig für beide Seiten, sowohl für die Kinder mit Behinderung als auch für die Kinder ohne Behinderung, miteinander zu lernen und aufzuwachsen. Und deswegen ist es absolut notwendig, dass die Schulen inklusiv sind. In Inklusionsklassen sind die Kinder beieinander. Mein Sohn war in einer Inklusionsklasse in der Volksschule und das war genial. Wenn es ganz elitär ist und Kinder mit Behinderung in einer Sonderschule sind, dann wird sich nichts ändern. Oder es fehlen inklusive Spielplätze. Wenn wir die Spielplätze barrierefrei gestalten, dass auch Kinder mit Behinderung spielen können, wird das auch sichtbarer. Derzeit laufen die Leben eher parallel, sie sollten sich aber ab und zu kreuzen. Und dafür gibt es keine Chance derzeit.

Welche Unterstützung gibt es für Unternehmen und wie sieht die Funktion als Berater für Barrierefreiheit und Inklusion bei myAbility aus?

Viele möchten ein betriebliches Sensibilisierungstraining haben, das ist sehr häufig. Oder Unternehmen inserieren auf unserer Karriereseite. Das sind die zwei Hauptbereiche. Der ideale Prozess ist der, dass wir mit einer Bestandanalyse anfangen und daraus dann Maßnahmen planen, die über einen Zeitraum, der mit der Firma zu definieren ist, abgearbeitet werden. Zuerst machen wir eine Standortbestimmung, was ist schon da und was fehlt. Und daraus schlagen wir einen Maßnahmenplan vor für die Bereiche Inklusion, Awareness, und baulich. Bei Gebäuden ist es zum Beispiel viel günstiger, wenn die Barrierefreiheit gleich beim Neubau mitgedacht und umgesetzt wird.

Ich fühle mich auch nicht behindert, obwohl ich eine Behinderung habe.

Was möchtest du Unternehmen und Menschen mit Behinderung noch mitgeben?

Ich höre oft, „trotz deiner Behinderung gehst du arbeiten“. Ich gehe arbeiten, weil ich Spaß daran habe, weil mir das Thema wichtig ist, ich möchte es unter die Leute tragen, die Kolleg:innen sind nett und ich möchte Geld verdienen. Damit ich etwas leisten kann. Und das hat nichts mit „trotz Behinderung“ zu tun. Ich fühle mich auch nicht behindert, obwohl ich eine Behinderung habe. Manchmal schon natürlich, wenn ich irgendwo runterfliege oder was nicht finde, aber im Alltag ist das gar nicht präsent.

 

Zur Person:

Lena Öllinger ist Senior DisAbility Management Consultant bei myAbility, zertifizierte Expertin für Barrierefreies Bauen und Vorstandsmitglied im Forum Usher-Syndrom, Hörsehbeeinträchtigung und Taubblindheit.

Über Purple Light Up:

Am 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen und die jährliche globale Kampagne #PurpleLightUp. Die Kampagne nutzt den Aktionstag, um das Thema ökonomische Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen in den Fokus zu rücken und ruft Organisationen dazu auf, ein sichtbares Zeichen für Inklusion zu setzen.

Seit einigen Jahren erstrahlen zahlreiche Firmensitze, öffentliche Gebäude und Wahrzeichen am 3. Dezember in Purple (Lila). Damit setzen sie ein Zeichen für die ökonomische Selbstbestimmung und wirtschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und feiern deren wirtschaftlichen Beitrag.

Inzwischen liegt der Fokus der Aktionen überwiegend auf Beiträgen und Inhalten auf Social Media sowie auf internen und externen Veranstaltungen. So setzten 2022 mehr als 200 Unternehmen und Institutionen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz ein starkes Zeichen für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Rund um den 3. Dezember sind unter dem gemeinsamen Hashtag #PurpleLightUp zahlreiche Aktionen geplant. Das Social Enterprise myAbility organisiert seit 2019 die globale Kampagne #PurpleLightUp im deutschsprachigen Raum.

Mehr Informationen finden Sie unter: https://www.myability.org/wir/partnerschaften/purplelightup

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inklusive Sprache in Markenbotschaften – No-Go oder Pflicht?

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Viele Menschen pflegen ein morgendliches Ritual, um voll positiver Energie in den Tag zu starten. Meines festigte sich mit der jahrelangen Angewohnheit, bei einem starken Kaffee die Überschriften der üblichen großen Zeitungen Deutschlands zu überfliegen und in den ein oder anderen Artikel tiefer einzutauchen. So weit, so normal. Im letzten Jahr jedoch hat sich dieses Morgenritual in etwas gedreht, das mich mit erhöhtem Puls und wenig guter Laune zurücklässt, ja, mich oft den Tag über beschäftigt.

Mein Interesse an einem Thema und die erstaunliche Dynamik, die sich entwickelt, wenn man tiefer in eine Bubble eintaucht, waren der Auslöser für diese Veränderung. Das Thema: inklusive Sprache. Erst widmete ich mich dem Lesen der Fachbeiträge und Interviews, die an der ein oder anderen Stelle auftauchen, denn als Marketer ist es meine Pflicht zu wissen, wie sich Themen wie diese aktuell entwickeln und als leidenschaftliche Leserin mein Anliegen, Sprache zu verstehen. Doch dann übertrat ich die Schwelle in die Kommentarspalte und schon war es um mich geschehen.

Eine neue Angewohnheit, die mich nicht nur in durch die deutsche Medienlandschaft, sondern auch weiter in die Untiefen der Sozialen Medien führte – ich mache bis heute vor keinem Instagram-Post oder Subreddit zum Thema mehr Halt. Die Reaktionen, die ich auf manche gendernde Posts unserer Kund:innen wie OTTO und Disney erlebte, unterwegs im breitesten, deutschen Mainstream, bekamen für mich nun mehr Kontext. 

Meine persönliche Haltung lässt sich leicht aus dem letzten Satz herauslesen, doch diese muss derzeit nicht allgemeingültig sein. Darum stelle ich hier die Frage: Gibt es eine Verpflichtung, als werbetreibende Marke, gesellschaftliche Themen, abseits von Religion und Politik, aufzugreifen und vielleicht sogar Stellung dazu beziehen? Oder ist gerade die Marke mit hoher Markenbekanntheit ein Neutrum, die Schweiz der Kommunikation? Und falls nein, wie könnte man sich dieser Verpflichtung stellen?

Drei gedankliche Anstöße zum Thema

Viel Wind oder ein echtes Problem?

Es ist erstaunlich, mit wie viel Energie sich Menschen an inklusiver Sprache aufreiben können. Die Anzahl an Beiträgen und Kommentaren von Expert:innen, Trollen und echten empörten Bürger:innen, die Wörter um sich streuen wie „Missionierung“, „Zwang“, „Diktatur“ und gar mit der Auflösung von Konten und Kaufverweigerung drohen, stellt sogar so manchen Beitrag mit hoher politischer Brisanz in den Schatten. Die verwundete Fragilität mancher Blasen zeigt, dass es ein Thema ist, das mehr bewegt als so manche:r zugeben möchte. Und das auch einige betrifft: Frauen wurden bislang mit dem generischen Maskulinum mitgemeint, also immerhin 50,7 % der Gesellschaft (Statista), aber auch alle, die sich keinem binären Geschlecht zuordnen können oder wollen. Noch einmal etwa 100.000 Menschen mehr (dgti).

Eigentlich ist Gendern ein furchtbar trockenes Thema und auch kaum aufwändig, doch die aufgeregte Diskussion beweist, dass es nicht die Ursache, sondern das Symptom einer tieferliegenden, gesellschaftlichen Haltungsverschiedenheit ist. Wie die Autorin Charlotte Suhr anmerkt, geht es für die einen um existenzielle Rechte, für die anderen um ihre privilegierte Stellung in der Gesellschaft. Und wir wissen auch, dass weniges Bestand hat, vor allem Sprache. Der Wandel steht also vor der Tür.

Bei solchen Themen gibt es für Marken eigentlich nur zwei Wege: komplette Ignoranz oder ein Aktivwerden – in beiden Fällen mit allen Konsequenzen.

Eine Marke für die meisten oder für alle?

Nun kann man sich die Frage stellen: Bin ich eine Marke für alle, oder schließe ich Teile meiner potenziellen Zielgruppe bewusst aus? Denn, da die Debatte nun stattfindet, kann man nicht mehr von einem versehentlichen, weil gelerntem, Nicht-mit-Meinen sprechen. Mit jeder Formulierung wird nun aktiv eine Seite bezogen. Wenn man annimmt, dass repräsentative Umfragen mit 1000 Personen tatsächlich die unverzerrte Meinung des deutschen Schnitts darstellen, ist es interessant, sich zum Beispiel die letzte WDR-Umfrage anzusehen. 62% finden das Thema heute weniger wichtig bis gar nicht wichtig. Je jünger die befragte Gruppe wird, desto wichtiger wird gendergerechte Sprache jedoch und das Bild verschiebt sich auf einmal.

Nun wissen wir aber auch, wie unmöglich es ist, von allen geliebt zu werden. Es ist also eine Frage der Haltung und des Aushaltens von Gegenwinds. Eine Frage danach, wie sehr man auf eine Zielgruppe unter 30 setzt. Wie sehr man der „Sapir-Whorf-Hypothese“ glaubt. Wie viel traut sich das Unternehmen zu? Wie weit schaut es in die Zukunft? Wie sehr traut es sich, voranzugehen?

Kontinuität vs. Reaktivität

„Müsst ihr denn jeden Trend mitmachen?“ Ein häufig gesehener Kommentar, der tatsächlich angebracht ist. Die Welle an plötzlicher Wokeness in der Werbung, vom Einsatz von Models aller Ethnien und Gewichts- und Altersklassen bis hin zu genderinklusiver Sprache, ist bemerkenswert. Und es stellt sich die Frage, ob etwas, das als normale Akzeptanz einer vielfältigen Gesellschaft gesehen werden sollte, als Trend verkommen kann. Meinen es diese Unternehmen ernst, oder werden sie wieder weißer, männlicher, konformer, sobald das allgemeine Interesse nachlässt? Hier lässt sich die Verwirrung mancher Konsument:innen nachvollziehen und ich verstehe sie weniger als eine Aufforderung, inklusive Sprache sein zu lassen, sondern die Kontinuität in das eigene Unternehmen hinein zu hinterfragen. Wie sehr entsprechen seine Werte und, noch wichtiger, Taten, dem Gezeigten?

Wenn man sich denn entscheidet, diesen kommunikativ mutigen Schritt zu gehen, wo beginnen?

Gemeinplatz Neutrum

Für die, die sich nicht ganz offensichtlich entscheiden wollen, gibt es immer noch, die manchmal flüssige, manchmal sperrigen neutrale Begriffe wie „Lesende“ oder Formulierungen, die eine Geschlechtsnennung ganz umgehen wie „alle, die mitlesen“.

Doppelt eindeutig

Eine Stufe weiter geht die Doppel-Nennung „Leser und Leserinnen“, meiner Ansicht nach nicht schön, aber zweckmäßig. Übrigens auch die Variante, die laut vorhin genannter WDR-Studie am wenigsten Kontroversität hervorruft.

Sternchen, Doppelpunkte, Unterstriche

Letztendlich meist am kürzesten, aber auch am leichtesten integrierbar: die Doppel-Kurzform wie „Leser:innen“. Meint alle mit, lässt jedoch auch keinen Deutungsfreiraum über die Haltung der Marke.

Kurz gesagt: 

Inklusive Sprache ist ein kleiner Schritt für Marken, der mit wenig Aufwand vieles bewegen kann – jedoch Kontinuität, Konsequenz und Haltung erfordert. 

 

Über die Autorin

Eva McKinnon ist Senior Vice President bei WongDoody, für das auf Consumer Marketing und Retail spezialisierte Team in EMEA. Zu den Kund:innen zählen OTTO, bonprix, Adidas, The Walt Disney Company, ROLF BENZ und Pierre Fabre. In Co-Kreation mit ihnen entwickelt das 70-köpfige Team von WongDoody Marken, digitale Lösungen, Kampagnen und Liquid Content. Das Ziel sind ganzheitliche Ökosysteme, die Marken mit Kunden verbinden, Markenloyalität fördern und gleichzeitig starke Kaufimpulse liefern.

Mission Female GmbH

Mission Female bietet erfolgreichen Frauen ein exklusives Netzwerk von Vertrauen und Austausch auf Augenhöhe und stärkt sie aktiv bei ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung. Dabei engagiert sich das 2019 von Frederike Probert gegründete Business-Netzwerk aktiv für mehr Female Power in Wirtschaft, Gesellschaft, Medien, Kultur, Sport und Politik und vereint erfolgreiche Frauen branchenübergreifend auf höchster Ebene mit einem Ziel: Gemeinsam beruflich noch weiter voranzukommen. Immer persönlich, vertraulich und verbindlich ganz nach dem Motto #strongertogether.

https://www.missionfemale.com/ 

Quellen:

https://www1.wdr.de/nachrichten/gender-umfrage-infratest-dimap-100.html
https://www.instagram.com/p/CZjaWBAs64D/?utm_source=ig_web_copy_link&igshid=MzRlODBiNWFlZA%3D%3D
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/otto-versand-gendersternchen-sorgt-fuer-aufregung-a-05a1af16-4e28-4c37-ba6d-2005c9d8f5a3
https://www.facebook.com/EdekaWollny/posts/4188113087900913?ref=embed_post
https://www.mz.de/panorama/genderneutrale-sprache-in-disneyland-wird-auf-jungs-und-maedchen-verzichtet-3358201